Einige Hürden galt es noch zu nehmen. Da waren zum einen die Kosten: ein VR-Headset würde sich nur am Massenmarkt etablieren, wenn es zu einem vernünftigen Preis zu erweben wäre. Ansonsten bliebe es nur den gut betuchten Enthusiasten vorbehalten und wäre damit für die meisten Spieleentwickler uninteressant.
Ausserdem störte immer noch der Fliegengitter-Effekt Dieser war zwar lange nicht mehr so stark wahrnehmbar, wie einige Jahr zuvor, weil sich die Pixeldichte der Bildschirme immer weiter erhöhte, aber dennoch weiterhin präsent. Es galt also, Displays mit möglichst schneller Reaktionszeit bei gleichzeitig möglichst hoher Pixeldichte herzustellen.
Und es gab noch weitere Probleme: um ein völlig “freies” Spielerlebnis zu ermöglichen, musste ein VR-Headset nicht nur die Position der Hände und des Körpers des Spielers im Raum, sondern auch die des VR-Headsets möglichst exakt und in Echtzeit feststellen. Mit anderen Worten: der Spieler sollte sich frei in seinem Wohnzimmer (bzw. in seinem Spielbereich) bewegen können, während die virtuelle Welt exakt darauf reagiert.
Zuerst setzte man deshalb auf eine Lösung, die auch “Outside-In Tracking” genannt wird: im Wohnzimmer des Spielers werden diverse Kameras an der Wand angebracht, die dem VR-Headset melden, wo genau im Raum sich der Spieler befindet. Diese Lösung war allerdings nicht perfekt. Schon leicht Änderungen der Lichtverhältnisse verschlechterten die Qualität des Trackings erheblich. Zudem wollte nicht jeder seine Wohnung mit an die Wand geschraubten Kameras verunstalten.
Und: man war quasi auf einen festen Spielbereich fixiert (nämlich innerhalb der Kameras), den man nicht verlassen durfte. Ausserdem hing der Spieler ständig an einem Kabel, das mit dem PC verbunden war, denn die Grafik wurde nicht auf dem VR-Headset selbst, sondern von der Grafikkarte im PC erzeugt. Und auch die Kameras mussten mit dem PC verbunden werden. Ein ziemlicher Kabelsalat.
Die Revolution: Oculus Quest
Dann brachte Oculus 2019, mittlerweile ja zu Facebook gehörend, nicht nur den Nachfolger der Rift, die Rift S, sondern auch noch eine Schwesterbrille auf den Markt: die Oculus Quest.Nicht nur die meisten VR-Kinderkrankheiten scheinen nun behoben (der “Fliegengitter-Effekt” ist nun kaum noch bis gar nicht mehr wahrnehmbar). Beide Headsets setzen nun auf “Inside-Out Tracking”. Es sind keine externen Kameras mehr nötig. Die Kameras befinden sich nun im Headset selbst. Das vermeidet unnötigen Kabelsalat und eröffnet völlig neue Möglichkeiten: denn während die Rift S immer noch mit einem Kabel mit dem heimischen PC verbunden bleibt, dachte man sich bei Oculus: “wenn wir nun schon nicht mehr auf einen festen Spielbereich mit externen Kameras angewiesen sind, könnten wir doch gleich eine VR-Brille entwickeln, die völlig autark ist, also nicht nur ohne externe Kameras, sondern sogar ohne PC-Verbindung auskommt – also ganz ohne Kabel”. Das ist das Konzept der Oculus Quest.
Und wie sich herausstellte, war genau das die zündende Idee für den Massenmarkt: eine VR-Brille, die man einfach nur einschaltet, um in fremde Welten abzutauchen, wo immer man sich gerade befindet. Nun waren kein PC, kein Kabel, keine externen Kameras mehr nötig.
Ohne Verbindung zu einem PC mit leistungsfähiger Grafikkarte aber muss die Oculus Quest selbst in der Lage sein, die relativ aufwändigen Grafiken zu erzeugen. Der darin verbaute Quallcomm Grafikchip löst dies zwar recht gut, aber mit einigen Abstrichen: die Bildwiederholrate ist etwas niedriger, als die der Rift S und die Grafiken der Spiele deutlich schlichter. Aber dennoch ist die Immersion so gut, das viele Spieler diese Nachteile in Kauf nahmen, um endlich vom Kabel los zu kommen.
Die Vorteile einer Standalone VR-Brille sind enorm: man kann mit den Nachbarn vorm Haus spielen, im eigenen Garten, je nach Lust und Laune auf dem Sofa oder im Schlafzimmer, das Headset mit auf Reisen, in den Bus oder das Flugzeug nehmen.
Aus diesem Grund war die Oculus Quest von Afang an ein Verkaufsschlager und galt bereits Monate nach dem Verkaufsstart als das meistverkaufte VR Headset.
Die Entwicklung geht weiter
Mit der Oculus Quest ist VR nun endlich auf dem Massenmarkt angekommen.
Doch damit ist die Entwicklung der Quest noch nicht am Ende. Oculus erkannte das Potential der Quest (nicht zuletzt durch die beeindruckenden Verkaufszahlen) und schob innerhalb weniger Monate einige Firmware Updates nach, so das man die Quest nun auch optional an den eigenen PC anschliessen kann, um Spiele in perfekter Grafik zu spielen (die dann von der Grafikkarte im PC erzeugt wird).
Aber das war noch nicht alles: mit einem weiteren Update kam dann auch noch Finger Tracking hinzu: die Quest erkennt damit nun selbstständig durch die eingebauten Kameras die Position jedes einzelnen Fingers des Spielers – ganz ohne Controller. Man hält einfach seine Hände vor die VR-Brille und sieht in der virtuellen Realität 3D-Abbilder seine Hände, die exakt die Bewegungen der realen Finger ausführen. Und das alles ohne Hardware-Update, nur durch Aktualisierung der Firmware. Das zeigt, welches Potential in der Quest steckt. Nutzer der Quest freuen sich natürlich, das sie für ihr Geld mit jedem Update noch mehr Features und Möglichkeiten erhalten, an die sie so beim Kauf noch gar nicht zu denken wagten.
Mit der Oculus Quest ist VR nun endlich auf dem Massenmarkt angekommen. Es ist kein Kabelsalat mehr nötig, kein Insiderwissen, keine speziellen Kenntnisse. Nicht einmal teure PC Hardware und auch keine Spielekonsole – denn die Quest selbst ist eine eigenständige Konsole. Einfach aufsetzen, anschalten, fertig. So einfach muss VR sein, um die Masse zu überzeugen.
Nach mehr als 30 Jahren Entwicklung hat die virtuelle Realtität nun endlich Einzug in unser Leben gehalten – ob “nur” zur Unterhaltung, als Mittel zur Weltflucht, als therapeutisches Mittel in der Medizin und Verhaltenstherapie oder in Fabrikhallen bei der Herstellung von Autoteilen und anderen Produkten. Mittlerweile ist die Illusion so perfekt, das man schlichtweg baff ist, wenn man sich zum ersten mal ein VR-Headset aufsetzt.
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