Die zwei grossen Zeitgeber, die unsere innere Uhr am Ticken halten und jeden Tag aufs neue anstossen, sind Licht und Dunkelheit. Licht am Morgen und Dunkelheit am Abend. Nicht umgekehrt, wie es bei den meisten Menschen heute der Fall ist. Wenn man sich dieser Tatsache in den Weg stellt, bleibt die innere Uhr einfach irgendwann stehen.
Nur blaues Licht hat direkten Einfluss auf die zentrale innere Uhr. Die blauen Anteile im Tageslicht werden durch spezielle Rezeptoren im Auge aufgenommen und singalisieren: es ist Tag. Dieses Signal wird an alle Uhrengene weitergegeben und synchronisiert die innere Uhr mit dem Stand der Sonne.
Chatten und Facebook gehören für die meisten Jugendlichen zum Alltag. Das Problem: ein Bildschirm strahlt blaues Licht ab und signalisiert der inneren Uhr: es ist Tag. Die Produktion des Schlafhormons Melatonin wird gestoppt. Besonders schlimm ist das, wenn bereits kleine Kinder Umgang mit elektronischen Medien haben: sie kommen abends nicht zur Ruhe, der Schlaf setzt später ein. Gerade bei Kindern ist Schlaf aber extrem wichtig für die Ausreifung des Gehirns. Wird diese gestört, entstehen bei Kindern auch langfristige Defizite in der Gehirnentwicklung, die auch später nicht wieder kompensiert werden können.
Es wurde auch untersucht, ob Schüler besser lernen, wenn ihr Klassenraum mit Tageslichtlampen ausgestattet wird, die Licht mit einem hohen Blauanteil abstrahlen. Die Ergebnisse sind eindeutig: unter dem blauen Licht machen die Schüler 30% weniger Fehler in den standardisierten Tests. Ausserdem erledigen sie ihre Aufgaben deutlich schneller. Ihre innere Uhr hat sich im dreimonatigen Versuchszeitraum zwar nicht verändert – die Schüler schlafen nach wie vor spät ein und sind morgens dann sehr müde. Aber das Licht macht wach. Die Schüler merkten schnell, das sie unter dem “grellen” Licht nicht mehr so schön weiterdösen konnten, wie zuvor.
Unsere Gesellschaft lebt immer noch im Takt der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts, obwohl die Forschung es mittlerweile besser weiß. Wenn wir nicht nur zufriedener, ausgeruhter, gesünder, sondern auch produktiver leben möchten, müssen wir uns wieder unserer inneren Uhr anpassen. Denn die hat das Sagen, was unseren Körper betrifft – und nicht erfundene, und für alle gleiche Arbeitszeiten.
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