TAG 385 – MITTWOCH, 15.MÄRZ 2023
Auch wenn russische Truppen in Bakhmut täglich nur noch meterweise vorrücken – sie rücken vor. Mittlerweile wird der Kessel dort immer enger, die Versorgung der ukrainischen Truppen darin nutzt derzeit ein Nadelöhr, das nicht einmal mehr zwei Kilometer breit ist, also quasi unter ständigem feindlichen Feuer steht.
So effizient der “Meat Grinder” auch gewesen sein mag, langsam ist es wohl an der Zeit, den Kessel zu leeren und das mittlerweile komplett zerstörte Bakhmut den Russen zu überlassen, während die Ukrainer sich in die mittlerweile gut ausgebauten Verteidigungslinien westlich der Stadt zurückziehen und vor allem die Strasse nordwestlich über Pryvillia nach Sloviansk schützen. Letzteres sollte oberste Priorität haben. Ein Verbleiben in Bakhmut scheint derzeit nur noch wenig Sinn zu ergeben und man wird sehen, wie die militärische Führung darüber denkt.
Eine weitere Alternative, um eine Schließung des Kessels zu verhindern, wäre eine sehr baldige Offensive, um Bakhmut zurück zu erobern. Das aber wäre im Grunde nur eine Verschwendung von Kräften, denn eine Offensive im Süden – Richtung Mariupol oder Melitopol – wäre nicht nur wichtiger, als eine Rückeroberung Bakhmuts, sondern sogar von strategischer Bedeutung. Die Ukraine MUSS in den Süden bis ans Azovsche Meer stechen. Ohne eine solche Offensive ist eine Befreiung des Süden oder gar der Krim nicht möglich.
Bakhmut ist dagegen lediglich von symbolischer Bedeutung und man kann nur hoffen, dass die Ukraine hier nicht wertvolle Truppen verheizt, die einen wichtigen Beitrag in einer Offensive Richtung Süden leisten könnten.
TAG 383 – MONTAG, 13.MÄRZ 2023
Zum dritten mal in kurzer Zeit haben die Russen nun ihren eigenen Sterberekord durchbrochen. Nach ukrainischen Angaben starben gestern 1090 russische Soldaten im Kampf an der ukrainischen Front. Wir gratulieren.
Wagner-Kräfte haben punktuell den Bakhmutka nach Westen überschritten, so dass nun direkte Kämpfe in der Ortsmitte stattfinden. Währenddessen massiert die Ukraine Kräfte im Westen von Bakhmut. Russische Quellen sprechen von einer geplanten, großen Gegenoffensive der Ukrainer. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die massierten ukrainischen Kräfte westlich von Bakhmut einen eventuell nötigen geordneten Rückzug decken, um dann effektiv neue Verteidigungslinien westlich der Stadt zu schützen und so zu verhindern, dass der Russe nach der Einnahme von Bakhmut weiter nach Westen vordringen kann. Noch aber hält Bakhmut und es wird heftig darum gekämpft. Die Russen lassen hier derzeit bis zu 500 Tote pro Tag. Die Felder sind voll von Leichen, während Russland neue Soldaten, zusammengepfercht in Rinderwagons, an die Front karrt – ganz wie zu Zeiten des WW2.
Wenn Jammer-Ossis und Putinversteher in deiner Nähe mal wieder der Meinung sind, das “böse, imperialistische” Amerika führe ja nur ständig Kriege – beweise ihnen das Gegenteil:
Tatsächlich gab es so gut wie keinen einzigen Tag seit Bestehen der russischen Föderation, an dem sich diese nicht in einem Krieg befand oder an einem solchen beteiligte – so viel also zum “kriegswütigen Amerika”. Und es gibt noch zwei bedeutende Unterschiede zwischen den USA und Russland: die USA ziehen sich wieder zurück, nachdem sie einen Krieg gewonnen und die Demokratie in einem Land wieder hergestellt wurde. Russland dagegen okkupiert das umkämpfte Land in der Regel, um es sich einzuverleiben und danach zu “russifizieren”.
Der letzte Unterschied betrifft die Art der Kriegsführung: während die USA bestrebt sind, einen Krieg so schnell wie möglich zu entscheiden und deshalb vor allem strategisch wichtige Ziele mit Präzisionswaffen eliminiert, führt Russland per se einen Krieg mit der Zivilbevölkerung eines Landes, um diese “zu zermürben” – einschließlich der Vergewaltigung und gezielten Ermordung von Zivilisten. Dass diese, seit dem WW2 von Russland angwandte Taktik, schon zu Hitlers Zeiten nicht funktioniert und nur die Wut der Deutschen weiter angestachelt hat, hat der Russe anscheinend bis heute nicht wirklich verstanden.
TAG 382 – SONNTAG, 12.MÄRZ 2023
Der Fleischwolf funktioniert. 59 getötete russische Soldaten auf einem Feld bei Bakhmut.
Wie viele von ihnen haben vor ihrem Eintritt in die ewigen Jagdgründe noch an Putins Narrative vom “Kampf für die Freiheit Russlands”, dem “Kampf gegen Nazis und Satanisten” geglaubt und sich für Helden gehalten?
Es spielt keine Rolle, denn kein einziger von ihnen hätte dort sein sollen – und nicht einmal müssen. Da in Russland noch kein Kriegsrecht ausgerufen wurde und der “Krieg” weiterhin nur eine “militärische Spezialoperation” ist, hätte jeder einzelne von ihnen gegen seine Mobilisierung juristischen Widerspruch einlegen können. Aber Russen sind eben Zombies, Kinder eines grausamen Systems, das sich immer noch der Psychologie des Teufels Stalins bedient. Was der Staat sagt, wird getan. So steht es in russischen Genen. Hinterfragt wird nichts. Und so enden die Söhne Russlands als Dünger auf ukrainischen Feldern und düngen Weizen, der später die Welt ernährt. Ein schöner Kreislauf.
Die enorm hohen Verlustraten in und um Bakhmut bedeuten aber auch, dass Wagner PMC, die bis vor kurzem den Großteil russischer Kräfte dort stellten, langsam ausblutet. Da die Söldnertruppe seit einiger Zeit nicht mehr auf ihre wichtigste menschliche Ressource – Schwerkriminelle aus russischen Gefängnissen – zurückgreifen darf, gehen ihr nun langsam die Kämpfer aus. Ohne das Kanonenfutter aus Gefängnissen und Psychatrien stellt die Wagner-Truppe selbst nur etwa 10.000 Mann. Von denen sind viele in der Regel sehr gut ausgebildet und verfügen über Kampferfahrung aus Russlands Kriegen, sind aber nur schwer zu ersetzen, weshalb man bisher fast nur rekrutierte Verbrecher an die Frontlinie geschickt hat. Nun müssen die “Musiker” selbst in den Fleischwolf und es ist nur eine Frage Zeit, bis die Truppe sich dadurch im Kern deutlich dezimiert hat. Ist das der Grund, warum Wagner eine “operative Pause” ausgerufen hat?
Die Rekrutierung neuer Söldner läuft für Wagner ebenfalls denkbar schlecht – denn in Russland wird bereits eine neue, private Söldnergruppe mit finanzieller Unterstützung des Kremls und des Gazprom-Konzerns gebildet. Diese zahlt angeblich Sold in doppelter Höhe und wirbt damit der Wagner-Truppe nicht nur Söldner ab, sondern erschwert ihnen auch die Rekrutierung neuer Mitglieder.
Dass Wagner-Chef Prigozhin bei Putin in Ungnade gefallen ist, ist kein Geheimnis mehr und man fragt sich bereits, aus welchem Fenster er demnächst “versehentlich” fallen könnte. Spannender ist die Frage, was nach Wagner kommen wird und ob der Niedergang Wagners eine Lücke an der Front hinterlassen würde, in die die Ukrainer mit einer Offensive stechen könnten?
TAG 381 – SAMSTAG, 11.MÄRZ 2023
In den letzten Tagen kaum Geländeveränderungen in und um Bakhmut, ausser dass russische Kräfte nun bis an den Bakhmutka herangerückt sind, nachdem den die Ukrainer vor Tagen in einem geordneten Rückzug den Stadtteil östlich des Flusses verlassen haben. Die Nachschubversorgung der ukrainischen Truppen funktioniert, ist allerdings mitunter schwierig, da die Wege je nach Wetterlage und Geländebeschaffenheit variieren.
Da die private Söldnergruppe Wagner nun keine Schwerverbrecher aus russischen Gefängnissen mehr anheuern kann und dennoch täglich große Verluste in Bakhmut erleidet, schrumpft die Mannstärke der Truppe zusehends. Wagner-Chef Prigozhin dachte in einer seiner letzten Videobotschaften laut darüber nach, “Patrioten” aus Boxclubs und anderen Sportvereinen zu rekrutieren. Wir sehen also vielleicht bald die ersten russischen Leichen in blauen Adidas-Streifenblunsen an der Front. Währenddessen hat Wagner nun bekannt gegeben, eine “operative Pause” einzulegen. Dies mag daran liegen, dass Putin Prigozhin in letzter Zeit an einer extrem kurzen Leine hält, aber auch daran, dass die Wagner-Truppe derzeit kaum noch Munition erhält.
Nicht nur der Wagner-Truppe scheint mehr und mehr die Munition auszugehen, auch in den regulären russischen Streitkräften mehren sich die Beschwerden über einen Mangel an Artilleriemunition. Rückte Russland vor einem Jahr noch mittels einer alles vernichtenden “Feuerwalze” seiner Artillerie nach vorne, ist dies nun aus Mangel an Munition längst nicht mehr möglich. Deshalb stagnieren seit Wochen und Monaten auch die russischen Geländegewinne.
Hauptproblem des Mangels an Artilleriemunition auf russischer Seite sind u.a. eine schlechte Logistik, Zerstörungen der frontnahen Waffendepots durch ukrainische Präzisionstreffer, Korruption in den russischen Streitkräften (Munition wurde in größerem Masse unter der Hand verkauft, ohne dass dies in offiziellen Beständen vermerkt wurde), sowie schlicht überlagerte Munition, die nach Jahrzehnten falscher Lagerung nun verrostet oder nicht mehr benutzbar ist.
Weitere Meldungen auf der nächsten Seite.
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