Trick #4: Das Ding mit dem Durchschnitt
Am Häufigsten missverstanden wird das Werkzeug des arithmetisches Mittels in der Statistik. Die meisten wissen noch aus ihrer Schulzeit, wie man aus mehreren Zahlen den Durchschnitt errechnet: man addiert sie alle und teil das Ergebnis dann durch die Anzahl der addierten Zahlen.
Das Problem: nach dieser Methode hätten ein Millionär und ein armer Schlucker beide je eine halbe Million Euro auf dem Konto. Aus einem Millionär werden bei zwei beteiligten Personen plötzlich zwei Halb-Millionäre.
So errechnet sich übrigens auch die scheinbar geringe (und berühmte) Lebenserwartung im Mittelalter. Auch damals schon wurden Menschen durchaus 80 Jahre, oder gar älter. Das Problem damals war allerdings die hohe Kindersterblichkeit. Viele Kinder starben schon bei ihrer Geburt – und gingen so als „Lebenserwartung: 1 Woche“ in die Statistik, die natürlich immer weiter sinkt, je mehr Kinder im Wochenbett sterben. Wer seine Geburt unbeschadet überstand, hatte aber recht gute Chancen, 70 Jahre oder älter zu wurden. Doch das reisst die Statistik dann nicht mehr raus. Und so entstand der Mythos, das Menschen im Mittelalter gerne mit 40-50 Jahren gestorben wären. Hierbei handelt es sich aber um ein Mittel und keine konkrete Zahl.
Der Mittelwert hat aber einen Konkurrenten: den Zentralwert, auch Median genannt. Errechnet etwa ein Statistiker das monatliche Durchschnittseinkommen von sieben Anwälten mithilfe des Mittelwerts, werden die Einkommen addiert (1.000 + 2.000 + 5.000 + 7.000 + 10.000 + 20.000 + 95.000 = 140.000) und das Ergebnis durch sieben geteilt (140.000 / 7 = 20.000). So verdient der Anwalt im Durchschnitt beeindruckende 20.000 Euro. Der Median sagt aber, der mittlere Wert dieser sieben Einkommen beträgt 7.000 Euro. Dieser Wert liegt genau in der Mitte – drei Einkommen sind niedriger, drei Einkommen höher als er. Ob der durchschnittliche Anwalt nun rechnerisch 20.000 oder 7.000 Euro in der Tasche hat, entscheidet die Wahl zwischen arithmetischem Mittel und Median.
Trick #5: Das Tricksen mit der Basis
Eine Zeitung titelt: „Wieder Mord an Ehefrau – Verheiratete leben gefährlich“. Der verantwortliche Redakteur kommt auf diesen Schluss, weil eine Statistik offenbart, dass 75 Prozent aller ermordeten Frauen vom Ehemann um die Ecke gebracht werden.
Dass es nun halsbrecherisch sei, verheiratet zu sein, ist jedoch ein Trugschluss. Vom Verfasser wurde hier nur eine Teilmenge der Basis betrachtet: Korrekterweise müsste in diesem Fall nicht geprüft werden, wie viele der ermordete Frauen vom Ehemann umgebracht wurden – sondern wie viele verheiratete Frauen im Vergleich zu unverheirateten Frauen ein gewaltsames Ableben ereilt.
Nehmen wir als Beispiel die kleine Ortschaft Demise County. In der Ortschaft wurden im letzten Jahr (es war kein gutes für die örtliche Polizei) drei Ehefrauen von ihren Gatten erschlagen. Hinzu kam ein Mord an einer unverheirateten Frau. Damit sind hier, landesüblich, 75 Prozent der ermordeten Frauen durch einen Ehemann umgekommen (drei von insgesamt vier Ermordeten). In Demise County leben 6.000 verheirate und 1.000 unverheiratete Frauen.
Die Wahrscheinlich gewaltsam ums Leben zu kommen, lag damit bei den Ehefrauen bei 1 zu 2.000 (drei Morde auf 6.000 Frauen) – bei Ledigen aber bei 1 zu 1.000. In Demise County bringt der Ehering demnach einen klaren Sicherheitsgewinn (auf Platz zwei nach dem Wegzug aus der Gegend).
Trick #6: Erfundene Trends
Ein Mann steht bei Ebbe am Meer und erkennt, das das Wasser langsam aber stetig ansteigt. Schnell rechnet er aus: in nur wenigen Tagen wird die gesamte Erde von Wasser bedeckt sein! Er rennt in sein Dorf und schreit Zeter und Mordio. Die Bewohner, die ihn nicht sonderlich ernst nehmen, gehen aber weiterhin gelassen ihren Tätigkeiten nach, während das Wasser weiter steigt.
Nach einigen Stunden zeigt sich aber etwas überraschendes: das Wasser sinkt wieder. Der gute Mann hatte Ebbe und Flut entdeckt – ein zyklisches Verhalten. Er hingegen hielt es für einen Trend, also für ein Ereignis, das sich linear weiterentwickeln würde. Und lag damit falsch.
Wenn nicht genügend Daten zu einem Sachverhalt vorliegen, kann niemand sagen, ob es sich um ein einmaliges Geschehen, ein zyklisches – oder um einen Trend handelt. Hier hilft nur eins: weiter beobachten und keine voreiligen Schlussvolgerungen ziehen.
Trick #7: Mogeln mit Stichproben
Fragt man zehn Greenpeace-Mitglieder „Akzeptieren Sie Strom aus einem Kernkraftwerk?“ bekommt man sehr wahrscheinlich zehn mal ein klares „Nein“. Befragt man dagegen eine Gruppe von zehn Mitarbeitern des Kernkraftwerks, wird sehr wahrscheinlich zehn mal ein „Ja“ erhalten.
Es kommt also immer darauf an, aus welcher Gruppe man Stichproben entnimmt. Demzufolge fällt dann auch das Ergebnis aus.
Doch die Stichprobenmanipulation kann auch verdeckter geschehen. Möchte man beispielsweise beweisen, dass die Menschen fauler geworden sind, wählt man eine Befragung aus, bei der Menschen am Freitagabend daheim zwischen 20 und 22 Uhr angerufen werden. Die Wahrscheinlichkeit, um diese Uhrzeit an diesem Wochentag eher häusliche Personen anzutreffen steigt – völlig unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen oder Region.
Das Gegenteil beweist man, wenn man die gleiche Befragung am Sonntagnachmittag in Parks und auf öffentlichen Plätzen durchführt. Professionelle Umfragen berücksichtigen daher nicht nur unterschiedliche Personengruppen, die Befragungen werden oft auch auf unterschiedliche Wochentage verteilt und die Interviewer wechseln zwischen Telefonbefragungen und Befragungen im öffentlichen Raum (z.B. in der Fußgängerzone).
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