Gesellschaftskritik

Woher kommt das Böse in der Welt?

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Woher kommt das Böse in der Welt? Ja, diese Frage klingt ein wenig nach Religionsunterricht oder Kindergarten -aber um so erstaunlicher ist, das die meisten auch als Erwachsene immer noch keine schlüssige Antwort auf diese Frage haben. Dabei ist sie gar nicht so schwer zu beantworten. Als ich mich das erste mal fragte, warum es böses auf der Welt gibt, war ich wohl so um die zehn Jahre alt. Es dauerte keine Minute, bis ich die Antwort hatte.

Schon als Kind stand für mich fest, das Menschen kein Teil der Natur sind. Dafür verhalten sie sich einfach zu widernatürlich. Ein Lebewesen, das seinen eigenen Lebensraum zerstört, kann kein Teil davon sein. Es verhält sich eher wie ein Virus oder ein Eindringling. So weit dachte ich als Kind natürlich noch nicht, aber instinktiv stand für mich fest: der Mensch gehört irgendwie nicht zur Natur. Oder hat vergessen, das er einmal ein Teil von ihr war.

Wie auch immer -der erste Schritt war also, das ich mir die Welt ohne den Menschen vorstellte. Und siehe da: ich konnte in meiner Vorstellung nichts „böses“ mehr entdeckten. In meinen Gedanken betrachtete ich die nun menschenleere Welt und suchte nach etwas bösem. Ein Löwe vielleicht, der ein Rind reisst? Hmm… nein -er tut dies ja nicht aus einem bösen Vorsatz, sondern weil er es muss. Es sind die Gesetze der Natur und des Ãœberlebens, die ihn dazu zwingen, ob er es will oder nicht.

Gibt es in einer Welt ohne Menschen böses?

bose freier wille gott teufel religion konsequenzen entscheidungsfreiheit triebe instinkte naturgesetz Wir Menschen stellen Tiere in Zeichentrickfilmen oder Märchen gerne „böse“ dar. Ganze Tierarten wurden im (geistig doch recht beschränkten) Mittelalter deshalb so gut wie ausgerottet. Beispiel: der „böse“, aber in Wirklichkeit sogar sehr scheue Wolf. Aber das ist primitive Vermenschlichung und beweist letztenendes wieder, wie sehr in uns das „böse“ steckt, wir uns bereits von der Natur entfernt haben.

Gut, Tiere, die Tiere fressen, sind also nicht „böse“ -und auch nicht, wenn sie Menschen töten. Denn das geschieht meist, wenn der Mensch sie, ob wissentlich oder nicht, bedroht. Oder sich als leckere Nahrungsquelle präsentiert. Zur Erinnerung: Tiere kaufen nicht im Supermarkt ein.

Aber was ist mit Naturkatastrophen, wie Erdbeben und Ãœberschwemmungen? Ich dachte nach: wenn in irgendeiner gottverlassenen Gegend des Planeten die Erde bebt und es niemand mitbekommt -was ist daran dann böse? Eigentlich nichts. Es passiert einfach. Und wenn es dort passiert, wo Menschen leben? Wer ist dann schuld? Die „böse“ Erdplatte, die sich von Zeit zu Zeit einfach bewegt, weil sie auf einem flüssigen Magmameer schwimmt oder der Mensch, der sich dort niedergelassen hat und diese Gegend nach dem letzten Beben nicht verlassen (wie es eine kluge Spezies wohl tun würde), sondern alles einfach wieder aufgebaut hat?

Liegt es an einem „bösen Gott“, das Menschen Mangel an Nahrung und Trinkwasser leiden, wenn sie sich dort niederlassen, wo Mangel an beidem herrscht? Kein Tier würde sich weit von einer Wasser- oder Nahrungsquelle ansiedeln. Und wenn diese zur Neige gehen, ziehen Tiere weiter. Etwas anderes bleibt ihnen ja nicht übrig. Nicht so der Mensch. Er verharrt meist auf seiner Scholle, seinem Eigentum und geht sehenden Auges in den Untergang.

Naturkatastrophen sind also auch nicht „böse“. Und wie sieht es mit Krankheiten aus? Ist eine Mücke böse, wenn sie einen Menschen mit dem Malariavirus infiziert und ihn damit tötet? Nein, denn sie weiss es ja gar nicht. Sie macht das selbe, wie der Löwe -sie möchte einfach nur leben. Und dafür benötigt sie eben einen Tropfen Blut, woher auch immer.

Und das Virus? Schliesslich ist es das Virus selbst, das den Menschen umbringt -und damit seinen eigenen Wirt tötet. Das riecht doch regelrecht nach Bösartigkeit. Aber genauer betrachtet, werden wir abermals enttäuscht: das Virus tötet seinen Wirt nicht absichtlich -wenn es wüsste, das sein Wirt durch ihn stirbt, würde es das logischerweise unterlassen, denn es kommt einem Selbstmord gleich. Ein Virus tötet in der Regel nur den Wirt, für den es eigentlich gar nicht gedacht ist, wenn es also versehentlich in den falschen Wirtsorganismus gelangt ist. Ebola ist so ein Fall. Und wir fragen uns lieber nicht, wie dieses Virus vom Affen auf den Menschen überspringen konnte…

Hm, Viren sind also auch nicht böse… gibt es denn in unserer menschenleeren Gedankenwelt nichts böses, verdammt noch mal? Nein, irgendwie nicht. Nur Ketten von logischen Ereignissen, von denen ein Glied zum anderen führt. Löwe ist hungrig, Löwe muss essen. Kontinentale Platte stehen unter Spannung, die Spannung muss sich lösen -ein Erdbeben. Stürme entstehen, weil die Atmosphäre auf dem Planeten in ständiger, chaotischer Bewegung ist. Irgendwo auf der Welt tobt immer gerade ein Sturm. Pech halt, wenn man gerade dort ist.

In einer menschenleeren Welt kommen wir also nicht weiter. Vom Bösen keine Spur. Also holen wir den Menschen mal wieder zurück auf unseren Gedankenplaneten. Oops -was sehen wir da auf einmal? Männer, die andere Männer töten. Männer, die Frauen vergewaltigen. Frauen, die ihre Männer betrügen. Menschen, die anderen Menschen weh tun.

Nur mit dem Unterschied, das der Mensch in jeder Sekunde die freie Wahl hat, zu töten oder nicht.

Also die selbe Frage wie beim Löwen zuvor: müssen die Menschen sich gegenseitig weh tun, um zu überleben? Ist es das Gesetz der Natur, das sie dazu zwingt? Jedes Kind kann diese Frage richtig beantworten: nein. Sie tun es nicht, weil es müssen. Sie tun böses, weil sie es wollen. Ein Anwalt würde das „vorsätzlich“, als wider besseren Wissens, nennen.

Aber warum tun Menschen sich dann gegenseitig böse Dinge an?

Aus zwei Gründen: zum einen, weil viele nicht fühlen können oder wollen, was der andere dabei fühlt (diese Menschen nennt man in der Regel „Männer“). Niemand würde einem anderen Menschen etwas böses antun, wenn er dabei genau das selbe fühlen würde, wie sein Opfer.

Und der andere Grund, warum Menschen böse sind? Weil ihnen ihr eigenes Leben wichtiger ist, als das der anderen. Sie stellen sich selbst über alle anderen. Solche Menschen, die nur sich selbst als den Mittelpunkt ihres kleines Universums wahrnehmen, gehen oft sprichwörtlich über Leichen, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen -auch wenn sie andere damit verletzen.

Es ist der freie Wille, der böses schafft

Aber warum können Menschen sich überhaupt für böse Taten entscheiden, wenn es der Löwe zum Beispiel nicht kann? Weil der Mensch als einziges Lebewesen so etwas wie einen freien Willen hat. Er kann einem Impuls nachgeben -aber er muss es nicht. Und bevor er es tut, kann er sich selbst reflektieren: warum tue ich das? Welche Konsequenzen wird das haben? Kein Tier kann das. Nur der Mensch.

Es scheint also der freie Wille des Menschen zu sein, der das Böse in die Welt bringt. Dabei sollte es eigentlich gerade dieser freie Wille sein, der den Mensch vom Töten befreit – denn als einziges Lebewesen auf diesem Planeten ist der Mensch in der Lage, sich frei zu entscheiden, ob er andere Lebewesen tötet oder nicht. Stattdessen scheint er das Geschenk des freien Willens dafür zu missbrauchen, sich über alles andere zu stellen.

Der freie Wille des Menschen – und sein Mangel an Demut – haben dafür gesorgt, das er sich nach und nach von der Natur entfernt hat, die Regeln der Natur vergessen hat (wie z.B. „säge nicht den Ast ab, auf dem du sitzt“). Er ging einfach seinen eigenen Weg, traf seine eigenen Entscheidungen -und da steht er nun.

Und damit haben wir auch gleich die zweitwichtigste Frage aller Religionen gelöst -jene Frage, die so viele Menschen als Vorwand nutzen, um Gott oder jede höhere Macht zu leugnen (wie auch immer man sie nennen mag):

Wenn es einen Gott gibt, warum lässt er dann das Böse zu?

Auch das war mir als Kind bereits sonnenklar und ich frage mich bis heute, warum so viele Menschen anscheinend ein Problem damit haben, sich diese Frage zu beantworten:

Weil Gott (oder was auch immer) uns den freien Willen gegeben hat.

Mit all seinen Konsequenzen. Das heisst: wir können uns, im Gegensatz zum Löwen, frei entscheiden, ob wir gutes oder böses tun. Gott-oder-was-auch-immer wird uns nicht daran hindern. Denn was auch immer uns den freien Willen gegeben hat, es hat dafür gesorgt, das wir keine Marionetten unserer Triebe mehr sind. Eigentlich wäre das die beste Nachricht seit der Entwicklung des Einzellers: endlich hat es ein Lebewesen geschafft, der Diktatur seines Körpers und seiner Triebe und Instinkte zu entkommen! So sieht vollkommene Freiheit aus -wie privilegiert wir Menschen doch sind!

Aber wissen wir das zu würdigen? Nein -denn wenn wir etwas tun, mit dessen Konsequenzen wir dann nicht einverstanden sind, geben wir wieder „Gott“ die Schuld (bzw. seiner nicht-Existenz), der Natur, einem Virus oder was auch immer. Irgendetwas muss einfach schuld sein -Hauptsache nicht wir. Und das manche Dinge einfach nur „beschissen blöder Zufall“ sind, will uns auch nicht in den Kopf. Alles muss einen Grund haben! Wenn jemand durch einen herabfallenden Ast erschlagen wird, möchten sich seine Hinterbliebenen nicht eingestehen, das der arme nur deshalb starb, weil er zur falschen Zeit am falschen Ort stand.

Wer jemanden an Krebs verliert, möchte oft nicht wahrhaben, das der Krebs meist bereits angeboren war -also eigentlich die Familiengene daran schuld sind. Genau genommen war das Schicksal dieses Menschen bereits besiegelt, als seine Eltern sich entschlossen, Kinder zu zeugen – oder weil derjenige sich sein Leben lang von industrieller Fertignahrung ernährt hat, fleissig Feinstaub eingeatmet hat, oder was auch immer. Klingt hart -aber man muss es so sehen, um zu zeigen, das nicht „Gott“ oder irgendetwas anderes daran schuld ist, sondern alles die Konsequenz einer Entscheidungskette ist, die der Mensch bewusst treffen kann.

Für uns Menschen muss alles EINEN SINN ergeben. Unser Verstand verlangt danach. Es ist ein Ãœberbleibsel unserer Zeit als abergläubische Wilde, die in jedem Blitz die Strafe eines Gottes sahen. Eine zufällige, schlimme Tat kann nicht verarbeitet werden, wenn es anscheinend keinen tieferen Sinn dahinter gibt. Also geben wir „Gott“ die schuld. Oder dem „Teufel“. Aber auch hier ist eben so: manche Dinge PASSIEREN EINFACH. Nur deshalb, weil sie eben MÖGLICH sind. Sie passieren, so schlimm und unerträglich sie auch sein mögen. Ganz ohne Gott und Teufel. Es ist zwecklos, einen SINN darin finden zu wollen. Wichtiger ist, das wir lernen, mit diesem Verlust zu leben, anstatt ihn uns erklären zu wollen.

So. Gut das wir das geklärt haben. Wenn du dir darüber die letzten Jahrzehnte Gedanken gemacht hast, ohne auf eine Antwort zu kommen, wirst du heute nacht endlich wieder einmal gut schlafen können. Und: achte auf deine eigenen Entscheidungen. Sie könnten Konsequenzen haben. Für dich oder andere…

Seltsam? Aber so steht es hier geschrieben... Ihr habt Fragen, Anregungen oder vielleicht sogar eine völlig andere Meinung zu diesem Artikel? Dann postet einen Kommentar.

Mike vom Mars Blog - mike-vom-mars.comAutor: Mike vom Mars
Mike emigrierte vor einigen Jahren von seinem Heimatplaneten auf die Erde, um das Leben am wohl seltsamsten Ort des Universums zu studieren. Seiner Bitte "bringt mich zu eurem Führer" wurde bisher nicht entsprochen.


 
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Neueste Kommentare

  1. Nicht die Natur(katastrophen)ist(sind)böse, sondern das System, die Struktur, die Gesetzmäßigkeiten, die dahinterstecken führen früher oder später zu Leid zum Bösen. Geburt und Tod, fressen und gefressen werden usw.
    Die Religionen, besonders das Christentum versuchen mit der Aussicht auf eine "Neue Welt" -nicht materielle- eine Lösung aus dem Dilemma anzubieten.

  2. Lieber Mike,

    dass nur die Menschen böse sein können, macht Dein Artikel schön verständlich. Es gibt eben viele Verlockungen, die den Menschen entscheiden lassen, dass die Konsequenzen seines Handelns nicht so schlimm sind, als dass sie den gewonnenen Nutzen nicht rechtfertigen würden, also die Erfüllung der menschlichen Begierden, die Jagd nach Ruhm, Anerkennung, Reichtum, sexueller Erfüllung und was weiß ich, was sonst noch alles. Das Problem, dass ich mit einem Gott habe, der die Menschen erschuf, ist nicht, dass er dem Menschen den freien Willen ließ, sondern ihn zusätzlich so machte, dass er all diese Begierden hat, die ein Tier niemals plagen könnten. Damit hat der Mensch es ungleich schwerer, nicht dem Bösen zu verfallen. Der freie Wille ist der Schlüssel zum Guten, während das Böse eigentlich in dem Menschen vorprogrammiert ist und er es aktiv überwinden muss, eben weil er es besser wissen kann, wenn er sich nur um Verständnis bemüht.

    Was ich aber interessant finde, ist Dein Satz: … weil viele nicht fühlen können oder wollen … (… in der Regel "Männer") …
    Heißt das, dass es deutlich weniger böse Frauen als Männer gibt?

    Und würdest Du dann meiner Theorie zustimmen, dass die Emanzipation der Frau einer der größten Irrwege der menschlichen Geschichte war, in dem Sinne, dass man nicht der Frau hätte zugestehen sollen, genauso böse sein zu dürfen, wie der Mann, sondern besser dem Manne einige der weiblichen Tugenden auferlegt oder anerzogen hätte, wie Fürsorge, Umsicht, Zurückhaltung, Altruismus usw. Und dass mit immer weiterem Fortschreiten der Emanzipation die Regel, dass der Mann böser ist als die Frau, immer mehr kippt?

  3. Georgie, du wirfst sehr interessante Fragen (gibt es mehr "böse" Männer, als Frauen?), denen ich schon seit längerer Zeit einen weiteren, ausführlichen Artikel widmen möchte. Es ist leider unbestritten, das Männer momentan eines der "Hauptprobleme" dieses Planeten sind. WARUM das aber so ist, möchte ich in einem eigenen Artikel beantworten.

    Ein Teil dieses Problems (und das beantwortet auch deine andere Frage, warum Gott uns denn so schuf): die Triebe, die unser Leben so schwer machen, entspringen im Grunde nicht unserem Geist (oder der Seele, wenn man so möchte), sondern unserem irdischen Körper, den wir quasi aus dem Tierreich geerbt haben – mitsamt seinen in Jahrtausenden entwickelten Trieben, Hormonen und Instinkten, die uns nun noch quälen und unsere Entscheidungen beeinflussen, ob wir es merken, oder nicht.

    Die meisten Menschen können wohl nicht unterscheiden, ob sie eine Entscheidung aufgrund ihrer Hormone oder Instinkte oder anhand logischer Fakten treffen.

    Was im Tierreich bei den ersten Primaten Mittel zum Ãœberleben war (möglichst viele Weibchen begatten, andere Männchen ausstechen, Drang zu töten, alles angreifen, was nicht zur eigenen Horde gehört, einen Nahrungsvorrat zusammenraffen usw.) ist nun eigentlich nicht mehr nötig – vor allem, da wir, im Gegensatz zu Tieren, den Willen haben, uns GEGEN diese Triebe zu entscheiden.

    Dennoch lassen wir uns immer noch von diesen Instinkten unseres Kleinhirns leiten. Mehr noch, wir erklären diese rein körperlichen Instinkte des Tierreichs oft genug zu unserem Leitfaden – vor allem in männlichen Kulturen ist das immer noch der Fall.

    Wie gesagt, das ist ein sehr ausführliches Thema (das natürlich auch sehr polarisierend ist) und dem ich noch mal einen eigenen Artikel widmen möchte.

    Das was man heute als "Feminismus" bezeichnet, war übrigens vom Ansatz her richtig: nämlich die Bevorzugung eines Geschlechts zu beenden. Was daraus wurde, ist leider beschämend: das Nachäffen der männlichen Geschlechterrolle, statt lange überholte, tierische Geschlechterstereotypen zu überwinden.

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