Ganz ehrlich: Heimkino ist das bessere Kino. In der Sitzreihe vor euch sitzt kein Basketballer, der den Blick auf die Leinwand blockiert, auf den Sitzen verwesen nicht die Popcornreste der letzten Vorführung, neben euch sitzt kein Knoblauch-Junkie und von hinten dringen nicht die ekelig-schmatzigen Geräusche eines fummelnden Teenager-Pärchens an euer Ohr -und wenn ein Handy bimmelt, ist es wenigstens euer eigenes.
Die Technik für das Kino zuhause wird immer ausgefeilter: Gadgets, die man vor einigen Jahren nur in den Wohnzimmern eingefleischter Filmfreaks vorfand, sind mittlerweile eigentlich schon Standard: der 3D-Fernseher für das Mittendrin-Gefühl, die Surround-Anlage für den wuchtigen Actionsound und natürlich Full HD für die verwöhnten Augen. All das, um die wohlverdiente, zweistündige Flucht aus dem Alltag so perfekt wie möglich zu gestalten.
Einer der faszinierendsten Effekte für das Heimkino ist die Ambilight-Technik, eine ursprünglich von Philips entwickelte Beleuchtungstechnologie, bei der an der Rückwand des TVs LEDs angebracht sind, die die Farbe des aktuellen Bildinhalts annehmen. Das Licht wird von der Wand hinter dem Fernseher reflektiert und erzeugt so eine lebendige, diffuse „Aura“ um das Gerät. Dieser Effekt sieht nicht nur faszinierend aus -er hat mehrere Vorteile: zum einen wirkt der Bildinhalt sehr viel intensiver, der Bildschirm um einiges grösser, zum anderen schont es in einem sonst unbeleuchteten Raum die Augen, da der Kontrast zwischen dem Fernsehbild und der dunklen Umgebung vermindert wird.
Video: So sieht bei mir ein Filmeabend aus. Das Demo-Video, das im TV zu sehen ist, habe ich zusammengestellt, um die Möglichkeiten des Ambilight mal so richtig auszureizen. Guckt am besten bis zum Ende, da einige wirklich sehr, sehr coole Effekte dabei sind:
Auch wenn man sich schon an den Effekt gewöhnt hat: es ist immer wieder erstaunlich, um wie viel lebendiger ein Film dadurch wirkt. Es ist fast so, als würde die Sonne bei Naturaufnahmen dann durch den Fernseher ins Zimmer scheinen, Himmel und Meer färben die Wand in schönem Türkisblau und die eigene Diashow wird mit Ambilight zum Erlebnis. Es wirkt fast so, als wäre der Fernseher ein Fenster, durch das man hindurch guckt. Und auf Parties zaubert das Anbilight eine geniale Lightshow.
Es werde Licht!
Bei Fußballübertragungen sorgt das Grün des Rasens dafür, dass das die Fernsehwand grün beleuchtet wird, während eine Explosion in einem Actionfilm das ganze Zimmer plötzlich in Rot- Orange-Tönen aufleuchten lässt.
Die erste Version von Philips Ambilight (etwa um das Jahr 2004) war noch wenig spektakulär: auf der Rückseite der Fernsehgeräte waren lediglich verschiedenfarbige Leuchtstoffröhren angebracht, während der Benutzer mittels Fernbedienung zwischen einigen verschiedenen Farben wählen konnte. Laaangweilig! So etwas hat heute eigentlich jeder unter dem heimischen Küchenschrank verbaut: LEDs, die mittels Fernbedienung in verschiedenen Farben leuchten können. Entsprechende Bausätze gibt es bereits ab 30 EUR.
Richtig interessant wurde das Ambilight erst mit der Einfühung der Ambilight 2-Technologie: plötzlich war es möglich, das sich die Farben des Ambilights selbstständig und in Echtzeit an das gerade aktuelle Fernsehbild anpassten! So sorgt beispielsweise bei Fußballübertragungen das Grün des Rasens dafür, dass die Umgebung des Fernsehers grün beleuchtet wird, während eine Explosion in einem Actionfilm das ganze Wohnzimmer plötzlich in Rot- Orange-Tönen aufleuchten lässt!
Genau diesen Effekt habe ich damals bei einem Kumpel beobachten können -und fand ihn so genial, das er seitdem auf meiner Wunschliste relativ weit oben stand. Das Problem war nur: ich war noch nie ein grosser Fan der Marke Philips und wollte mir deren relativ teuren Geräte auch nicht nur wegen dieses einen Effekts anschaffen. Andere Hersteller unterstützten diesen Effekt noch nicht -was vor allem daran lag, das zur Berechnung der jeweiligen Farben in Echtzeit nicht nur eine Kommunikation zwischen Lichtanlage und Fernseher, sondern auch einiges an Rechenpower nötig ist.
Die Jahre gingen ins Land und nach und nach setzen sich TV-Boxen und Mediacenter zuhause durch -quasi Minicomputer, die man am Fernseher hängen hat, wie den üblichen Satellitenreceiver, die aber eine deutlich höhere Rechenpower haben und meist sogar das Installieren eigener Software oder Plugins erlauben.
Intelligente LEDs
Und genau das war der Punkt, an dem es endlich möglich war, Ambilight an jedem beliebigen Fernseher zu betreiben. Die Hardware ist relativ simpel: an der Rückseite des Fernsehers wird ein quadratischer Rahmen angebracht, der mit sog. RGB-LED-Streifen beklebt ist. RGB-LEDs sind sehr kompakt gebaute LED-Streifen, auf denen in gleichmässigem Abstand jeweils immer drei kleine LEDs in rot, grün und blau eng beisammen liegen. Indem jede dieser drei LEDs verschieden stark zum Leuchten gebracht wird, lässt sich fast jede beliebige Farbe erzeugen.
Aber woher wissen diese LEDs nun, in welchen Farben sie leuchten müssen? Das besorgt eben die TV-Box (bzw. die an den Fernseher angeschlossene Spielekonsole, das Mediacenter oder der bessere Satellitenreceiver). Da diese ja sowieso das Bild an den Fernseher schicken, muss auf der Box nur eine Software installiert werden, die den Bildinhalt analysiert und dementsprechend dann, z.B. über den USB-Port die LEDs steuert. Wer keine solche Box zuhause hat, kann das Fernsehsignal beispielsweise durch einen Raspberry schleifen. Auch hierfür gibt es mittlerweile Lösungen.
Das Prinzip ist also einfach und immer das selbe -die genaue technische Umsetzung aber sehr verschieden, je nachdem welche Art TV-Box, Konsole oder Satellitenreceiver man eben nutzt. Bei mir hängt am Fernseher z.B. eine Dreambox 800 SE -eigentlich primär als Satellitenreceiver, da auf dem Gerät aber eine Linux-Variante läuft und es das Installieren eigener Software erlaubt, ist es problemlos möglich, ein Plugin (in diesem Fall AtmoLight) zu installieren, das die an der Box angeschlossenen und an der Rückwand des TV verklebten LEDs steuert.
Mit dem Plugin selbst kann ich bequem am Bildschirm einstellen, wie hell das Ambilight leuchten soll, wie schnell oder langsam die Farben wechseln und viele weitere Einstellungen vornehmen. Da es mittlerweile sehr viele verschiedene Ambilight-Lösungen für alle möglichen TV-Boxen und Mediacenter (ja selbst für den VLC-Player am Computer) gibt, als Bausatz zum Selberbasteln oder schon als fix und fertige Variante, kann ich hier keine spezielle Bastelanleitung posten. Sucht einfach per Google nach den Stichworten „Ambilight“ oder „Atmolight“ und pickt euch die für euch am besten erscheinende Lösung heraus.
Worauf man achten sollte:
Egal für welche Lösung man sich entscheidet -einige Dinge sollten auf jeden Fall gleich am Anfang bedacht werden:
- Damit der Effekt am besten zur Geltung kommt, sollte der Ferneher vor einer Wand stehen -oder am besten an selbiger hängen. Die Wand sollte im Idealfall weiss gestrichen sein (ansonten werden die Farben verfälscht oder gar absorbiert). Der Abstand zwischen dem TV und der Wand sollte ca. 20-30cm betragen.
- Achtet darauf, das die LEDs möglichst hell sind! Je mehr Leuchtkraft (Lumen) die LEDs aufbringen, desto intensiver ist der Effekt -vor allem bei Tageslicht. Und keine Sorge -die Helligkeit lässt sich mit der Software nach Belieben dämpfen, wenn nötig.
- Die LEDs benötigen natürlich Strom. Das liefert ein Standard-LED-Netzteil, an dem die LEDs angeschlossen werden. Hier solltet ihr unbedingt darauf achten, das es genügend Power (Watt) für euere LEDs liefert. Wie viel Watt eure LEDs insgesamt ziehen, hängt einerseits von der Art der LEDs ab (meist angegeben) und zudem von der Länge der insgesamt verbauten LED-Streifen. Bei einem grossen TV kommen da schon gute 4-5m LEDs und gut 60 Watt zusammen. Fragt zur Sicherheit bei einem LED-Händler eueres Vertrauens nach oder bestellt dort, wo ihr die LEDs kauft, auch gleich das passende Netzteil. Ist es zu schwach, wird es früher oder später den Geist aufgeben und kann sogar überhitzen oder schmoren!
- Und hier noch das wichtigste Kriterium: Wie viele Kanäle soll euer Ambilight haben? „Kanäle“ bedeutet: in wie vielen verschiedenen Farben sollen die LEDs leuchten? Bei einem 4-Kanal Ambilight leuchtet die Rückwand des Fernsehers z.B. in vier verschiedenen Farben (linke Seite, rechte Seite, oben und unten). Bei einem 8-Kanal leuchtet jede Seite dann schon in zwei verschiedenen Farben usw. -mittlerweile gibt es sogar 64- oder 128-Kanal Lösungen!Der Unterschied ist folgender: je weniger Kanäle, desto diffuser und weicher wirkt das Ambilight. Je mehr Farben, desto schärfer und detaillierter wirkt es. Da es für mich beim Ambilight nur darum geht, eine bestimmte Lichtatmosphäre im Zimmer zu schaffen, die sich eben dem Fernsehbild anpasst, reichen mir vier Kanäle völlig aus. Zudem sind 4-Kanal-Varianten auch um einiges günstiger und viel einfacher zu basteln. Es muss bei weitem weniger verlötet und verdrahtet werden.Im Endeffekt bleibt es aber Geschmackssache, wie viele Kanäle ihr wollt. Nur: das typisch-männliche „je mehr, desto besser“ gilt hier nicht. Es sind einfach verschiedene Effekte. Wer möchte, kann sich auf Youtube vorher einmal Ambilight-Lösungen mit vier und dann zum Unterschied mit 32 oder mehr Kanälen ansehen.Das obige Video demonstriert eine 4-Kanal Lösung.
Bildergallerie:
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