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(German) Toxoplasmose – Der Zombie Parasit

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Es klingt wie ein Horrorfilm: ein Parasit, der das Gerhirn seines Wirts infiziert und die Persönlichkeit und das Verhalten seines Trägers verändert, ihn zu einem ferngesteuerten Zombie macht. Aber es ist wahr – und weltweit ist mittlerweile jeder dritte Mensch mit ihm infiziert.

Toxoplasmen können neben Organen auch das Gehirn befallen. Der Parasit programmiert seine Wirte auf Selbstmord.

Wenn dir auf der Straße ein Verkehrsrowdy begegnet, der drängelt, schimpft oder gar den Mittelfinger zeigt – dann könnte er an einer Toxoplasmose leiden. Die Infektion kann tatsächlich Wutausbrüche verursachen.

Es ist der am weitesten verbreitete Parasit der Welt: Toxoplasma gondii. Weltweit ist jeder dritte Mensch ist mit ihm infiziert. Seine Hauptwirte sind Katzen – und nur in ihnen kann er sich vermehren. Andere Tiere wie Mäuse, Vögel, aber auch Menschen, werden nur als Vehikel benutzt, um von einer Katze zur nächsten zu gelangen.

Wie der Parasit etwa eine Maus zum Zwischenwirt umfunktioniert, das ist schon gespenstisch: da Mäuse naturgemäß Angst vor Katzen haben, wendet der Parasit einen Trick an, um zum Ziel zu gelangen. Einmal im Körper des Wirtes angelangt, verschanzt er sich in der Leber und im Gehirn seines Opfers, um von dort seinen Terrorfeldzug anzutreten. Infizierte Mäuse fühlen sich nahezu magisch angezogen von Katzen, fliehen vor ihrem Fressfeind nicht, sondern laufen ihm direkt in die Arme. Die britische Parasitologin Joanne Webster konnte dieses Verhalten in einer Studie auch im Labor nachweisen. Der Parasit programmiert seine Wirte auf Selbstmord.

Toxoplasmen können neben Organen auch das Gehirn befallen. Dazu verstecken sie sich in Zellen des Immunsystems und überwinden so die Blut-Hirn-Schranke, die das Gehirn eigentlich vor Infektionen schützen soll. Mit fatalen Folgen: Der Vorgang kann die Persönlichkeit des Betroffenen verändern. Das haben Forscher an einer Untersuchung mit 131 Senioren bestätigt.

Auswirkung auf den Menschen

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Toxoplasma Gondii

Laut medizinischer Lehrmeinung ist Toxoplasmose nur schädlich, wenn sich Schwangere infizieren. Dann kann der Erreger auf den Fötus übertragen werden. Das kann Fehlbildungen bewirken und sogar tödlich sein.

Aber nun zeigen immer mehr Studien, dass die Parasiten auch für die Psychiatrie eine Rolle spielen. So auch eine Untersuchung von 2016. Demnach tragen drei von vier Menschen mit Schizophrenie den Erreger in sich. Bei Gesunden ist es nur jeder zweite. Das heißt nicht, dass Jeder, der infiziert ist, schizophren wird. Doch irgendwie scheint der Parasit tatsächlich die Psyche zu beeinflussen.

Mögliche Belege, ob Toxoplasma gondii die Psyche beeinflussen kann, finden sich in Schweden. Der Molekularbiologe Antonio Barragan erforscht die Parasiten mit seinem Team an der Stockholm University. Sie haben herausgefunden, dass die Parasiten unser Immunsystem überlisten. Sie sind in der Lage, weiße Blutkörperchen, so genannte dendritische Zellen, zu kapern. Die Toxoplasmen können diese als trojanisches Pferd nutzen, um die Blut-Hirn Schranke zu passieren. Vom Gehirn aus ist der Parasit in der Lage, das komplette Nervensystem zu manipulieren.

Ist das der Beweis dafür, dass der Schmarotzer Aggressionen auslösen oder Selbstmorde provozieren kann? „Wir haben Evidenz im Tierbereich. Zum Beispiel bei infizierten Mäusen oder Schimpansen, die vom Urin von Katzen angezogen und damit zur leichten Beute werden“, sagt Barragan. „Mit Menschen können wir aus ethischen Gründen solche Studien nicht machen. Hier sind die Beweise eher indirekt. Fest steht zum Beispiel, dass die Parasiten Neurotransmitter wie Serotonin und Dopamin beeinflussen können. Diese sind eng mit dem menschlichen Verhalten verknüpft.“

Auf der nächsten Seite: Warum Toxoplasmose Männer aggressiv macht.

Infizierte Männer neigen zu Wutausbrüchen

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Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass Toxoplasma gondii das Nervengewebe im Gehirn befällt und mit Krankheiten wie Schizophrenie, bipolaren Störungen und Selbstmordgedanken im Zusammenhang steht.

Daran knüpften Chicagoer Wissenschaftler an. Sie untersuchten 358 US-Bürger als Probanden, von denen ein Drittel an „Pathologischer Jähzornigkeit“ (so der Fachbegriff für die plötzlichen Aggressionsschübe) litt, ein weiteres Drittel an anderen psychischen Störungen. Letztere dienten als Kontrollgruppe, um den Jähzorn von anderen Leiden abzugrenzen. Die Versuchspersonen im restlichen Drittel waren psychisch gesund.

Tatsächlich ergaben Blutanalysen und andere Tests, dass doppelt so viele jähzornige Patienten mit dem Parasiten in Kontakt gekommen waren als gesunde Probanden. Die Raten der Gruppe der psychisch Kranken lag dazwischen. Doch die Störung der Impulskontrolle – sie wurde nach einem Punktesystem gemessen – war bei den Jähzornigen weit stärker ausgeprägt als in den beiden anderen Gruppen, deren Probanden sich kaum unterschieden.

Insgesamt erwiesen sich positiv getestete Versuchspersonen in allen Gruppen als deutlich aggressiver und impulsiver als diejenigen mit einem negativen Testresultat.

„Unsere Arbeit deutet darauf hin, dass latente Infektionen mit Toxoplasma gondii die Gehirnchemie in einer Weise ändern können, dass die Wahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten steigt“, erklärt Studienleiter Emil Coccaro. „Wir wissen aber nicht, ob dieser Zusammenhang kausal ist, denn nicht jeder mit einem positiven Testergebnis bekommt Wutanfälle.“

Um dies herauszufinden, bedürfe es aber weiterer Studien.

Ähnlichkeiten mit Syphilis

Die “Manipulations-Hypothese” am Beispiel der Toxoplasmose ist aber kein Einzelfall in der Natur. Das Syphilisbakterium, das bei sexuellen Kontakten übertragen wird, sorgt zum Beispiel dafür, dass sein Wirt sexuell aktiver wird. Um so seine Weiterverbreitung zu sichern. Und der Saugwurm Euhaplorchis californiensis manipuliert Fische so, dass sie an die Oberfläche schwimmen und dort so lange mit Zappeln auf sich aufmerksam machen, bis der Endwirt, ein Vogel, sie bemerkt und frisst. Der kleine Leberegel etwa bringt Ameisen dazu, sich über Nacht an den Spitzen von Grashalmen festzuklammern. So werden sie morgens leichter von weidenden Schafen oder Rindern gefressen, in deren Körpern der Parasit sich vermehren kann.

Diese Vermutung birgt Sprengkraft, sie könnte das Bild des Menschen auf den Kopf stellen. Haben neueste Studien recht, dann steuern mikroskopisch kleine Lebewesen unser Verhalten mit. Diese Vorstellung ist auch für viele Wissenschaftler schwer zu akzeptieren.

K̦nnte es einem mutierten Toxoplasmoseparasiten eines Tages gelingen, die Menschheit zu versklaven? Unheimlich ist dieser Gedanke schon jetzt Рdenn wir k̦nnen nicht v̦llig ausschliessen, das einige derzeit beobachtete Verhaltensweisen und psychische Erkrankungen bei vielen Menschen direkt oder indirekt durch diesen Parasiten initiiert werden.

Die genauen biochemischen Abläufe, die zu dieser Fernsteuerung führen, sind noch nicht eindeutig geklärt. Nachweisen kann man nur, dass der Testosteronspiegel bei infizierten Männern immens ansteigt, während er bei Frauen im gleichen Maß sinkt. Ein Verkehrsrowdy, drängelt, hupt oder schimpft kann vielleicht gar nichst für sein unverschämtes Verhalten – sein Gehirn könnte schlicht fremdgesteuert sein. Womöglich haben sich darin Parasiten der Art Toxoplasma gondii eingenistet und stiften nun neuronales Chaos.

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Quellen: geo.de, swr.de, spiegel.de, focus.de

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Recent Comments

  1. Lieber Mike,

    bei allen anderen genannten Beispielen hat die Fremdsteurung das Ziel, die Fortpflanzung des Steuernden zu sichern, wie aber kommt der Parasit durch agressives Verhalten eines Menschen in die Katze? Oder welchen Nutzen könnte er ansonsten davon haben, die Menschen aggresiv zu machen? Man müsste mal eine Studie machen, ob sich Jähzornige lieber Katzen halten.

    Herzliche Grüße
    Georgie

  2. Für viele Parasiten ist der Mensch ja ein Fehlwirt – wenn der Parasit also in den Menschen eindringt, ist das dann für beide Seiten nicht von Vorteil und die Wirkung oft unvorhersehbar.

    Zum Verhalten von mit Toxoplasmose infifizierten Menschen gibt es aber bereits Studien:

    Der tschechische Forscher Dr. Jaroslav Flegr liess Menschen mit und Menschen ohne Toxoplasmose Fragebögen ausfüllen. Bei jedem Test waren die Ergebnisse konstant: infizierte Männer waren „eher dazu bereit, Regeln zu brechen“ und „misstrauischer, neidischer und rechthaberischer.“ Frauen verhielten sich genau gegenteilig: Sie waren „herzlicher, offener und anständiger.“ Nach einem weiteren Jahrzehnt voller Forschung wurden auch noch Verbindungen zu einer Reihe von anderen Leiden wie ADHS, Zwangsneurosen, Schizophrenie und Selbstmordneigung hergestellt.

    Die Theorie: es ist bekannt, dass sich Männer und Frauen bei Stress unterschiedlich verhalten. Es sei also möglich, daß das Toxoplasma chronischen Stress verursacht und deswegen darauf so anders reagiert wird.

    Artikel über eine dieser Studien: https://www.vice.com/de/article/mv4be3/wie-ein-katzenparasit-verhalten-psyche-und-sexualtrieb-beim-menschen-beeinflusst-596

  3. Deine Ausführungen sind ausgezeichnet.
    Dass ich erst jetzt auf Deinen Blog gestoßen bin, ist eine Schande…

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