Gesellschaftskritik

Corona – warum es so weit kommen musste

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Jeder kann es haben – und irgendwann wird es jeder haben: das Corona Virus. Das Verhängnisvolle: auch völlig asymptomatische Personen können das Virus übertragen – also jeder, der an sich selbst gar keine Symptome bemerkt und sich für gesund hält. Denn die Inkubationszeit – die Zeit, bis die Krankheit im Körper ausbricht – kann bis zu zwei Wochen betragen. Leider tun die Deutschen auch wirklich alles dafür, das sich das Virus auch noch so schnell wie möglich ausbreitet.

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Seit Jahren schreibe ich mir schon die Finger wund im verzweifelten Versuch, den Deutschen zu etwas mehr Hygiene zu ermuntern.

Ich habe darüber geschrieben, das man sich vielleicht mal Gedanken über das unbekümmerte Schütteln fremder Hände machen sollte, das Küssen der beste Weg ist, sich mit fiesen Keimen zu infizieren, Vollbärte hygienisch äusserst bedenklich sind und gefragt, warum Deutsche immer noch so gerne mit Bargeld bezahlen, obwohl jede Münze und jeder Schein bereits durch abertausende ungewaschene Pfoten, BHs, Unter- und Badehosen ging.

Leider war alle Mühe umsonst – wie sich nun wieder einmal zeigt. Das Corona Virus hat seinen Weg nach Deutschland gefunden – und hat hier nun leichtes Spiel. Die hygienischen Grundkenntnisse vieler Deutsche kann man leider nur mit denen eines Kleinkindes vergleichen. Zumindest verhalten sich viele so.

Obwohl am 20. März 2020 bereits annähernd 13.000 Menschen in Deutschland mit dem Corona Virus infiziert sind, sitzen immer noch Leute dicht gedrängt im Cafe beieinander, lassen Fortpflanzer ihre Kinder immer noch im Rudel mit anderen Kindern spielen. Highlight der Woche: eine Traube von über 40(!) Kindern, die zusammen auf einem grossen Spielplatz miteinander ringen, weil deren Eltern anscheinend gehört haben, Kinder seien immun gegen das Virus.

„Immun“ heißt leider nicht virusfrei, liebe Fortpflanzer. Es heißt lediglich, das eure Kinder keinerlei Symptome zeigen – und deshalb sogar noch effizientere Ãœberträger des Virus sind.

Corona holt man sich in der eigenen Familie

Yummi – Geldscheine schmecken lecker!

Tatsächlich finden die meisten Corona-Infektionen innerhalb der eigenen Familie statt. Die Schulen und Kitas sind dicht – was also tun mit dem eigenen Fortpflanzungsprodukt, wenn man das Handy einfach nicht aus der Hand legen will? Klar, einfach auf den Spielplatz gehen. Da kann man dann in Ruhe weiter auf dem Smartphone rumdaddeln, während der Kleine sich mit den anderen Kindern vergnügt. Perfekt – eine bessere Methode, sich das Virus in die eigene Familie zu holen und danach das ganze Viertel zu infizieren, gibt es tatsächlich nicht.

Auch ohne Pandemie gilt das Hygienebewusstsein der Deutschen als stark unterentwickelt. Immer noch gibt es Bäckereien, in denen die Verkäuferinnen keine Handschuhe tragen – was bereits vor dem Ausbruch der Epidemie als grob fahrlässig zu bezeichnen war. Und immer noch sieht man sie, die Kleingeldwühler an den Supermarktkassen, die pedantisch auch jeden einzelnen Cent in ihrer Geldbörse in die Hand nehmen, statt einfach mit Karte zu zahlen – oder sich sogar die Finger während dem Geldscheine zählen abschlecken – um sich dann auch noch Sekunden später ins Gesicht zu fassen. Und immer noch kaufen Menschen im Discounter Semmeln aus dem frei zugänglichen Backregal, in dem erst Minuten vorher eine Omi mit ihrer blanken Hand herum wühlte, statt den Greifer zu nutzen (der übrigens auch nicht viel hygienischer ist). Alles so gesehen.

Auch schon beobachtet: der Vierjährige, der sich im Beisein seiner Mammi einfach eine Semmel mit der Speichelfeuchten Hand aus dem Regal holt. Mammi sieht das und sagt „Komm, leg das zurück.“ Danke, Mammi. So bleiben wir alle gesund. Der nächste freut sich bestimmt über die angedrühlte Semmel.

Auch das die Deutschen so eifrig Klopapier sammeln (worüber man auch schon im Ausland über uns lächelt) ist nicht unbedingt ein Zeichen von Hygienebewusstsein – denn dann würde man ja eher zu Feuchttüchern greifen. Nur so wird der geliebte Hintern auch hygienisch sauber.

Eine Frau mittleren Alters, darauf angesprochen, warum sie sich in einer Traube von Menschen in der Sonne aalt, erwiedert: „Ich arbeite eh schon viel unter Menschen, da ich Krankenpflegerin bin. Da spielt es dann auch keine Rolle mehr, wenn ich auch privat unter Menschen gehe.“ Bei so viel Dummheit bleibt einem wörtlich die Spucke weg 😮

Ist Hygiene denn wirklich so schwer? Schafft es der Deutsche nicht, mit Dingen umzugehen, die man nicht sehen kann? Liegt es vielleicht daran? Müssen erst, wie im Strassenverkehr oder der Luftfahrt, tausende Menschen sterben, bis ein Umdenken einsetzt und man sich über sein Verhalten Gedanken macht? Heute gilt die Luftfahrt als einer der sichersten Verkehrsbereiche – was wir leider vielen Menschen zu verdanken haben, die erst sterben mussten, bevor man sich Gedanken über Sicherheit machte. Funktioniert das bei Menschen wirklich nur so?

Ein Spiel auf Zeit

Mittlerweile weiß man: das Virus hat vor allem auf zwei Wegen seinen Weg nach Deutschland gefunden. Ãœber Italien und durch Partywillige Skifahrer, die sich beim Après-Ski in Ischgl, Österreich infiziert haben. Die Ãœbertragungseffizienz beim Feiern in Ischgl war derart hoch, das sich im Schnitt fast 95% der Partygänger dort infiziert haben, die fleissig trinkend von Wirtshaus zu Wirtshaus zogen. Das hierzulande nun sogar noch auf sog. „Corona Parties“ weiter gefeiert wird ist einfach nur perfide – und zeigt, welchen Stellenwert alte und immunschwache Menschen in unserer Gesellschaft geniessen – vor allem bei den jungen Leuten, die so nur wenig bis gar kein Verantwortungsbewusstsein zeigen.

Die schlechte Nachricht zuerst: früher oder später wird jeder von uns mit dem Corona Virus in Kontakt kommen. Ohne Ausnahme. Experten sprechen hier von einer „Durchseuchung“ der Gesellschaft. Das dies irgendwann geschieht, ist sicher – die Frage ist nur: wie schnell? Es gilt also nicht, sich komplett und für alle Zeiten vor dem Virus zu schützen, sondern die Ausbreitung möglichst zu verlangsamen, um die Kapazität der Krankenhäuser nicht zu schnell zu erschöpfen und der Gesellschaft Zeit zu verschaffen, bis ein Impfstoff verfügbar ist. Bis dahin gilt es, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Denn wer sich erst in einigen Monaten mit dem Virus ansteckt, hat dann deutlich bessere Chancen, ihn zu bekämpfen, als derzeit.

Die gute Nachricht: den meisten von uns wird das Virus nicht viel anhaben. In den allermeisten Fällen beschränkt sich eine Infektion nur auf eher milde bis mittelschwere Grippesymptome. Allerdings geht es hier nicht um uns selbst – sondern um ältere Menschen und solche, die an einer Immunschwäche leiden. Denn für diese kann das Virus durchaus tödlich enden. Diese Epidemie ist also nicht nur ein ernster Test unseres Hygienebewusstseins, sondern vor allem auch unserer gegenseitigen Solidarität. Wer nun hamstert (Sippendenken – my family first) hat sich damit also selbst schon ein Ei gelegt und bewiesen, das diese Lektion völlig an ihm vorbei gegangen ist.

Es geht also nicht darum, dem Virus komplett zu entkommen. Das wird nicht möglich sein. Denn nun ist es hier – und wird es auch bleiben. Früher oder später wird jeder von uns mit ihm in Kontakt kommen. Aber bis dahin müssen wir uns Zeit erkaufen. Und hier ist der beste Schutz im Moment ein hygienebewusstes Verhalten.

Auf der nächsten Seite: Wie kann man sich schützen?

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