Gesellschaftskritik

Sind Kinder Klima-Killer?

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Schuld sind immer die anderen

Eine Landwirtfamilie auf den nordfriesischen Inseln, die mittlerweile akut vom ansteigenden Meeresspiegel bedroht sind, verklagt den Deutschen Staat – weil er ihrer Meinung nach zu wenig für den Klimaschutz tut. Allerdings erst, nachdem die Familie zwei Kinder in die Welt gesetzt hat. Man muss schon Eier haben, wenn man zuerst zwei weitere Verbraucher in die Welt setzt, dann aber den Rest der Bevölkerung verklagt. Das Problem erst selber anheizen, dann aber alle anderen verklagen. Das zeigt, wie wenig die Menschen sich momentan noch mit ihrer eigenen Fortpflanzung und Bevölkerungsanzahl auseinander setzen.

Eine Frau mittleren Alters gesteht mir in einem Gespräch, das ihrer Meinung nach viel zu viele Menschen auf der Welt leben. Man trete sich schon überall gegenseitig auf die Füße, so ihre Worte, und sie sei richtig genervt davon, nirgendwo mehr allein sein zu können. Doch keine fünf Minuten später schwärmt sie von ihren drei Kindern, die sie in die Welt gesetzt hat. Da fehlen einem die Worte. Man kommt sich vor, wie in einer Komödie. Sind denn immer nur die anderen schuld?

Es scheint fast zu einfach, Kinder zu bekommen – obwohl die Konsequenzen für fünf Minuten Spaß für den Planeten im Grunde verheerend sind. Und wenn manche das Problem erkennen, dann nur bei anderen. Man selbst möchte schliesslich nicht auf das biblische Recht verzichten, die Erde (noch weiter) zu kolonisieren.

Auffällig auch bei Paaren mit starkem Kinderdrang: hier zeigt sich oft das selbe Phänomen wie beim Tattoo-Stechen: aus einem werden viele. Es bleibt nie beim ersten, bald muss ein zweites her. Und dann noch ein drittes.

Wir sind bereits dreimal mehr, als die Erde verträgt

„Sind Familien mit Kindern menschliche SUVs?“

Am 29. Juli war „Erdüberlastungstag“ – der Tag, an dem die Ressourcen der Erde für dieses Jahr aufgebraucht sind. Jeden weiteren Tag des Jahres lebt die Menschheit auf Pump, also auf Kosten der nächsten Generationen.

Es klingt brutal, aber es ist leider eine Tatsache: viele Menschen machen sich vor der Anschaffung eines Haustiers oft mehr Gedanken, als vor dem Zeugen eines Kindes.

Und wenn sie doch vorher die Vor- und Nachteile eines Familienzuwachses abwägen, tun sie das meist nur aus einer relativ egoistischen Sicht (was wird mich das kosten? Wie viel Mühe macht mir das?…). Was das Kind aber die Welt kosten würde, fragt sich im Grunde niemand. Dabei wäre es doch einmal interessant zu wissen – nun, wo der Erdüberlastungstag schon wieder einen Monat her ist und wir bereits wieder über 30 Tage auf Kosten der nächsten Generation leben – und das am Rande einer globalen okölogischen Katastrophe, gegen die tausende Schüler jeden Freitag auf die Straße gehen und demonstrieren.

An alles wird dabei gedacht: schafft SUVs ab, schafft den Verkehr ab, steigt um auf Rad und Bahn, konsumiert weniger – nur eines wird seltsamerweise NIE erwähnt – bekommt weniger Kinder. Denn den selben Lebensstil aufrecht erhalten und gleichzeitig für eine Zunahme der Bevölkerung (und damit der Verbraucher) sorgen – das geht nicht. Das funktioniert nur eine Zeit lang, und nur auf Pump. So, wie es jetzt gerade der Fall ist. Und das möchte man uns mit dem Erdüberlastungstag klar machen.

Warum wird nicht daran gedacht, das jeder weitere Mensch die Erde noch weiter belastet? Und dessen Kinder und Kindeskinder doch auch? Weil es Frevel ist? Weil es ein Tabu ist? Weil man nur Leuten in der Dritten Welt verbieten will, Kinder zu bekommen, nicht aber uns, in der Ersten Welt? Hier, wo man mit Abstand am meisten Ressourcen verbraucht?

Dritte-Welt-Kinder sind genügsamer

„Die Kinder der Ersten Welt sind die klimaschädlichsten des Planeten.“

Durch Fehlinformation und Vorurteil glauben viele Deutsche, das Geburtenkontrolle nur eine Sache der Dritte-Welt-Länder sei. Die „dort unten“ sollten gefälligst weniger Kinder in die Welt setzen. Die Wahrheit aber ist: jedes Kind der Ersten Welt verbraucht bis zu 100x mehr Ressourcen, als ein Kind in der Dritten Welt. Wir leben schliesslich viel Aufwändiger, fahren oft mehrere Autos pro Familie, fliegen mindestens einmal pro Jahr gepflegt in den Urlaub und umgeben uns mit mehr Konsumgütern, als Familie Mbwambe in Uganda. Im Smartphone deines Wohlstands-Kindes stecken Edelmetalle, die Kinder in Afrika von Hand aus dem verseuchten Erdreich wühlen. Wie fühlst du dich dabei? Vielleicht etwas, worüber man einmal nachdenken sollte, während man stolz seine Bio-Bambuszahnbürste nutzt und der Kaffee schon durch den Edel-Kaffeeautomat läuft.

Deutschland hat eine der niedrigsten Kindersterblichkeitsrate der Welt, zugleich aber auch eine der höchsten Lebenserwartungen. Das bedeutet, das deine Kinder voraussichtlich nicht nur ihr volles Lebensalter ausschöpfen werden, sondern du auch sehr alt wirst. Der Gedanke, das Kinder etwas sind, das man der Welt nur hinterlässt, ist also absurd geworden. Die meiste Zeit leben in der Ersten Welt Eltern und Kinder zusammen auf diesem Planeten. Mindestens ein halbes Jahrhundert im Schnitt, oft länger. Ein Paar mit zwei Kindern verbraucht also für die meiste Zeit ihres Lebens das Vielfache, von dem, was eines ohne Kinder verbrauchen würde – bis diese auch wieder Kinder bekommen, dann erhöht sich der Verbrauch der Familie als Ganzes abermals. Familien mit Kindern sind also, zumindest rein Umwelttechnisch gesehen, menschliche SUVs.

Ein Kind hier bei uns in der Ersten Welt zu bekommen, schlägt vielfach härter auf die Ressourcen von Mutter Erde. Nämlich bis zum Hundertfachen dessen, was ein Kind der Dritten Welt der Erde abverlangt. Denn wir sind die größten Umweltsünder und Emissionsproduzenten des Planeten. Also müsste man eigentlich UNS eine Geburtenkontrolle verordnen, denn EINES unserer Kinder hier verbraucht alleine so viel, wie EINHUNDERT Kinder der Dritten Welt!

Wie schade, das jene, die es wirklich betrifft, kein eigenes Entscheidungsrecht haben. Kinder können nicht selbst entscheiden, ob sie geboren werden wollen. Die Eltern entscheiden das – und das meist aus recht egoistischen Gründen. Weil „Vater, Mutter, Kind“-spielen so toll ist. Weil Frau sich selbst in der Rollte der Mutter ja so „erfüllt“ fühlt. Weil Mann glaubt, die Frau durch Kinder stärker an sich binden zu können. Weil Politiker befürchten, das sonst das Rentensystem kippt. Gründe, Kinder zu bekommen, gibt es viele – doch selten, fast nie, sind sie auch gut für unseren Planeten. Und oft auch nicht für das Kind selbst, das seine Kindheit dann mit Hartz IV verbringen darf, ohne je gefragt worden zu sein.

Im Film „Capernaum“ verklagt ein Zwölfjähriger seine Eltern – weil sie ihn geboren haben, in Armut und ohne jede Perspektive. Wäre dies wirklich möglich – wie viele Eltern müssten sich wohl weltweit vor einem Gericht verantworten?

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