TAG 328 – DIENSTAG, 17.JANUAR 2023
In den letzten Tagen konnten russische Truppen weitere Teile Soledars einnehmen und kontrollieren nun auch den Westrand, sowie den Bahnhof des Ortes. Ukrainische Truppen mussten sich weiter an den Ortsrand zurückziehen. Trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit um diesen Ort gilt Soledar in strategischer Hinsicht nicht einmal als überragend wichtig – lediglich die Nachschubversorgung von Siversk nach Bakhmut wird dadurch erschwert. Wagner-Truppen fokussieren sich vor allem deshalb auf Soledar, weil ein Druchbruch in Bakhmut weiter südlich selbst nach Monaten und horrenden russischen Verlusten im Moment einfach nicht möglich ist.
So konzentrieren sie sich nun auf die Schwachstelle Soledar. Und der, wenn auch überschaubare und mit enormen Verlusten erkaufte, Geländegewinn russischer Truppen in den letzten Tagen zeigt, dass die Russen an diesem Teil der Front wohl die Initiative zurückgewinnen. Ein Hauptgrund dafür könnte die ständige, schleichende Mobilisierung auf russischer Seite sein, bei der unentwegt Männer zwangsweise eingezogen werden, ohne dass man eine offiziell eine weitere Mobilisierungswelle ausruft (theoretisch ist die erste nämlich nie abgeschlossen worden und dauert immer noch an). So ist die größte russische Ressource momentan die an Menschenleben – und diese wird auch gnadenlos und ohne Rücksicht auf Verluste eingesetzt.
Mittlerweile häufen sich Berichte über Entgleisungen und Disziplinproblemen innerhalb russischer Truppen. Drei russische Soldaten wurden getötet und 16 weitere verletzt, als ein Feldwebel am Sonntagabend versehentlich eine Handgranate in einem Schlafsaal in der russischen Region Belgorod zündete, wie russische Medien berichteten. Die Granate explodierte im Gemeindezentrum des Dorfes Tonenkoje, das zur Lagerung von Munition und zur Unterbringung russischer Soldaten diente, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS berichtete. Die Explosion löste auch ein Feuer aus, so dass 15 Menschen aus den umliegenden Häusern evakuiert werden mussten.
„Die vorläufige Ursache der Explosion ist ein unvorsichtiger Umgang mit Munition“, sagte eine Quelle bei den Rettungsdiensten gegenüber TASS. Acht weitere Soldaten werden nach der Explosion vermisst, und die Suche nach ihnen ist noch im Gange, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf die örtlichen Rettungsdienste. Die Granate wurde in einem Waffenlager von einem Oberfeldwebel gezündet, der als Zugführer diente, so der Telegrammkanal 112, der eng mit den russischen Sicherheitsdiensten verbunden ist. Die daraus resultierende Explosion löste ein Feuer aus, das sich über eine Fläche von rund 4.843 Quadratmetern erstreckte, schrieb der Telegramm-Kanal.
Wie die Nachrichtenagentur RIA bereits im Oktober berichtete, wurden bei einem Schusswaffenlehrgang in Belgorod 11 russische Soldaten erschossen und 15 weitere verletzt. Die Schützen hatten sich freiwillig für die Teilnahme am Krieg in der Ukraine gemeldet und wurden noch am Tatort getötet, berichtete RIA. Die Schützen stammten aus einer nicht näher bezeichneten ehemaligen Sowjetrepublik, berichtete Reuters unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium.
Währenddessen boomt der Prothesenmarkt in Russland – wer derzeit durch seine Teilnahme an der „militärischen Spezialoperation“ mehr als nur einen Arm oder nur ein Bein verliert, darf mit satten Rabatten rechnen, für die sich mancher wohl ein Bein ausreißen würde (sorry, der mußte einfach sein). Da macht das Krieg spielen doch mal so richtig Spaß:
TAG 325 – SAMSTAG, 14.JANUAR 2023
Heftige Kämpfe um die Stadt Soledar dauern an. Während in der Stadt verbliebene ukrainische Einheiten erfolgreich an den Stadtrand evakuiert werden konnten, ist ein Großteil der Stadt nun unter russischer Kontrolle. Ukrainische Einheiten kontrollieren derzeit die westliche Zufahrtstrasse nach Soledar, sowie den Bahnhof. Die Salzminen scheinen in russischer Hand.
Ironischerweise beanspruchen nun die staatlichen russischen Truppen diesen „Sieg“ für sich, obwohl es Wagner-Sölder waren, die unter horrenden Verlusten in die Stadt eingedrungen sind. Das befeuert nun abermals die Konkurrenz und offene Feindschaft zwischen Wagner-Söldnern und den regulären russischen Truppen.
„Jagga Jagga!“
TAG 324 – FREITAG, 13.JANUAR 2023
Die Lage im umkämpften Ort Soledar ist nach wie vor unklar. Als relativ sicher gilt, dass der Ort von mindestens drei Seiten von Wagner-Söldnern umzingelt ist und diese teilweise bis in den Ortskern vorgedrungen sind. Ob der westliche Bereich des Ortes – und damit der einzig verbliebene Nachschubweg für die ukrainischen Truppen – noch passierbar ist, ist nicht bestätigt. Da der Boden in der Gegend um Soledar aber bereits aufgrund mehrtägiger niedriger Temperaturen gefroren ist, wäre auch eine Evakuierung / Nachschubversorgung über unbefestigtes Gelände aus denkbar.
Einem Nachrichtenteam von CNN, das sich bis in den Ort vorgewagt hat, berichtete ein ukrainischer Soldat der 46. Airmobile Brigade, dass es derzeit keine Kommunikation mit dem Hauptquartier mehr gäbe und man sie „anscheinend vergessen“ habe – und das, obwohl die Brigade in den letzten Tagen sogar wieder den Bahnhof und das Minengelände von den Russen zurückerobern konnte. Dennoch ginge den Soldaten nun die Verpflegung aus und man habe verwundete, die nicht evakuiert werden könnten, weil es keine Kommunikation mehr zum Hauptquartier gäbe. Die Lage bleibt also verworren und äusserst angespannt.
TAG 322 – MITTWOCH, 11.JANUAR 2023
Ukraine Battle Map via Twitter: Offenbar hat Polen sich bereit erklärt, 14 Leopard 2 Panzer an die Ukraine zu schicken. Demnach wäre der Bann endlich gebrochen. Falls jemand weiß, unter welchem Tisch unser Zauder-Kanzler gerade nach seinen Eiern sucht, bitte bescheid geben.
Die Lage in Soledar ist derzeit unklar. Wie es aussieht, ist der Ort noch nicht vollständig von Wagneriki eingenommen und wird weiterhin stark umkämpft. Der ukrainische Reporter Yuriy Butusov meldete vor 40 Minuten aus Soledar: „Es ist sehr schwierig, schwere Kämpfe, aber die Soldaten sind motiviert, es gibt bedeutende Kräfte in dem Gebiet, die unter Kontrolle sind.“
Nachdem es der Wagner-Gruppe gelungen ist, Teile des Ortes Soledar einzunehmen und den Ort von Norden, Osten und Süden zu umzingeln, räumen die dort verbliebenen ukrainischen Truppen ihre Stellungen und ziehen sich zurück, um eine Einkesselung zu vermeiden. Soledar (von „Sole“ = Salz und „dar“ = Geschenk), bekannt für seinen Salzabbau und die weitläufigen Salzminen, fällt damit nach Monaten verlustreicher Kämpfe in dieser Gegend an die Russen.
Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA meldete, dass die Wagner-Gruppe nach „heftigen Kämpfen“ die Salzminen von Soledar übernommen habe. Die Salzminen befinden sich in den Vororten der Stadt. Aus Washington verlautete, dass Prigozhin möglicherweise die persönliche Kontrolle über die Minen in der Region anstrebt. Das ukrainische Verteidigungsministerium twitterte am späten Dienstagabend: „Selbst nach kolossalen Verlusten versucht Russland immer noch wie verrückt, Soledar einzunehmen – die Heimat des größten Salzbergwerks in Europa“.
Die Einnahme von Soledar wäre immerhin der größte russische Sieg seit August, nach einer Reihe von demütigenden Rückzügen in der zweiten Hälfte des Jahres 2022. Die russischen Streitkräfte kämpfen seit Monaten um die Einnahme von Bakhmut. Dieser Sieg ist jedoch mit massiven Verlusten für die russischen Truppen verbunden. Die Kiewer Regierung hat in den letzten Tagen Bilder veröffentlicht, auf denen zahlreiche russische Soldaten zu sehen sind, die tot auf schlammigen Feldern liegen.
Nach Angaben Moskaus aber wäre die Einnahme von Bakhmut ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur vollständigen Übernahme der Kontrolle über die Region Donezk, eine der vier Provinzen, die Russland vor drei Monaten annektiert haben will.
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