Die Flannan Isles sind eine kleine, abgelegene und unbewohnte Inselgruppe im Nordwesten von Schottland. Was geschah hier im Jahr 1900 nur vier Tage vor Weihnachten?
Im Dezember 1900 setzte ein Boot namens Hesperus die Segel nach Eilean Mor, einer der sieben Inseln der Flannan-Isles (auch bekannt als die „Sieben Jäger“) vor der Küste Nordwestschottlands. Kapitän James Harvey’s Auftrag: im Rahmen einer regelmäßigen Rotation einen Leuchtturmwärter abzuliefern, der für die nächsten Wochen seine Arbeit auf der Insel aufnehmen würde.
Die Reise wurde durch schlechtes Wetter um einige Tage verzögert. Als Harvey und seine Crew endlich ankamen, war sofort klar, dass etwas nicht stimmte. Keine der normalen Vorbereitungen am Landungsdock waren getroffen worden. Der Fahnenmast war kahl. Keiner der Wächter kam, um die Hesperus zu begrüssen. Die Wächter waren, wie sich herausstellte, gar nicht auf der Insel. Alle drei waren verschwunden.
Das Eiland Eilean Mor hatte seine Eigenheiten. Die einzigen ständigen Bewohner der Insel waren Schafe, und die Hirten nannten die Insel „das andere Land“, da sie glaubten, dass es ein Ort sei, der von etwas Paranormalem berührt wurde. Eilean Mor hatte lange Zeit eine Art von ängstlicher Ehrfurcht bei seinen Besuchern hervorgerufen; der Hauptanziehungspunkt für den abgelegenen Ort war eine Kapelle, die im 7. Jahrhundert von St. Flannan erbaut wurde. Selbst jene, die nie gebetet hatten, wurden zur Anbetung bewegt, während sie auf Eilean Mor verweilten. Aberglaube und Rituale – wie das Umrunden der Kirchenruine auf den Knien – wurden von den Durchreisenden übernommen, und viele spürten um Eilean Mor für eine undefinierbare Aura, die nicht ignoriert werden konnte.
Eine Reihe verwirrender Hinweise
Was die Crew der Hesperus am Leuchtturm fand, war eine Reihe verwirrender Hinweise. Der mit Hesperus eingeschiffte Ersatzwärter, Joseph Moore, berichtete von einem allumfassenden Gefühl der Angst, als er die Klippe in Richtung des neu errichteten Leuchtturms hinaufstieg. Im Inneren befanden sich auf dem Küchentisch Teller mit Fleisch, Kartoffeln und Essiggurken. Die Uhr war stehen geblieben, und in der Nähe stand ein umgestürzter Stuhl. Die Lampe war bereit zum Anzünden, und zwei der drei Ölmäntel von Thomas Marshall, James Ducat und Donald McArthur waren verschwunden. Das Tor und die Tür waren fest verschlossen.
Diese Hinweise führten nur zu weiteren Fragen: Warum sollte einer der Pfleger ohne seinen Mantel hinausgegangen sein? Und warum sind alle drei zusammen gegangen, wenn die Regeln es doch klar verboten? Jemand musste den Posten ständig bewachen, also musste etwas Ungewöhnliches sie herausgelockt haben. Als Moore mit seinem Bericht zurückkam, ließ Harvey die Insel durchsuchen. Die Jagd blieb ohne Ergebnis. Daraufhin schickte Kapitän Harvey ein Telegramm ans Festland:
„In Flannans ist ein schrecklicher Unfall passiert. Die drei Wächter sind von der Insel verschwunden. Bei unserer Ankunft heute Nachmittag war kein Lebenszeichen auf der Insel zu sehen.
Wir feuerten eine Rakete ab, aber da keine Antwort erfolgte, entschied Moore zu landen. Er ging zur Station, fand dort aber keine Wächter vor. Die Uhren waren stehen geblieben und andere Hinweise zeigten an, dass der Unfall vor etwa einer Woche passiert sein muss. Die armen Burschen müssen über die Klippen geweht worden sein oder beim Versuch, einen Kran oder so etwas zu sichern, ertrunken sein.
In der kommenden Nacht konnten wir es kaum erwarten, etwas über ihr Schicksal zu erfahren.
Ich habe Moore, MacDonald, Buoymaster und zwei Matrosen auf der Insel gelassen, um das Licht brennen zu lassen. Ich kehre erst nach Oban zurück, wenn ich von euch höre. Ich bleibe heute Nacht im Telegrafenamt, bis es schließt, falls Sie mir telegrafieren wollen.“
Auch weitere Untersuchungen führten zu nichts, obwohl das Leuchtturm-Logbuch eine Reihe neuer verwirrender Details enthielt: am 12. Dezember beschrieb ein Eintrag von Marshall z.B. „schwere Winde, wie ich sie in zwanzig Jahren noch nie zuvor gesehen habe“. Er schrieb, dass Dukat ruhig gewesen sei und McArthur geweint habe, was für einen Mann mit dem Ruf eines harten und erfahrenen Seefahrers ein recht seltsames Verhalten gewesen wäre.
Am nächsten Tag berichtete Marshall weitere Details zum Sturm und schrieb, dass alle drei gebetet hatten – ein weiteres seltsames Verhalten von gut geprüften Wärtern in einem nagelneuen, angeblich sicheren Leuchtturm. Das Seltsamste von allem war, dass es am 12., 13. oder 14. Dezember keine gemeldeten Stürme in der Gegend gab – bis zum 17. Dezember hätte alles ruhig sein müssen. Der letzte Bericht im Buch, vom 15. Dezember, lautete: „Sturm beendet, See ruhig. Gott ist über alles.“
Es wurde wild spekuliert. War es etwas Übernatürliches? Vielleicht seltsame Meeresbewohner? Ein Fall von Wahnsinn oder gar Mord? Eine Regierungsoperation? Ausländische Spione? Letztendlich waren es Beweise vor dem Leuchtturm, die den vielversprechendsten Hinweis darauf lieferten, was aus den drei Wächtern geworden war. Auf der westlichen Landeplattform erreichten die Schäden der letzten Stürme eine Höhe von bis zu 60 Meter über dem Meeresspiegel. Seile, die normalerweise an einer Kiste auf einem Versorgungskran befestigt waren, wurden waren wild herumgeschleudert worden.
Robert Muirhead, Superintendent des „Commissioners of Northern Lights“, schrieb in seinem offiziellen Bericht:
„Ich bin der Meinung, daß die wahrscheinlichste Erklärung für dieses Verschwinden der Männer darin besteht, daß sie alle am Nachmittag des Samstags, des 15. Dezember, in die Nähe der Westanlandung gegangen waren, um die Kiste mit den Festmachern zu sichern usw. und daß eine unerwartet große Welle über die Insel brandete und so ungeheure Mengen Seewasser auf sie herab schlugen und mit Gewalt in das Meer rissen.“
Obwohl dies (oder eine ähnliche Erklärung) möglich erscheint, ließ die Erklärung auch erhebliche Zweifel aufkommen. Das Fehlen von Leichen, angeblich ruhige Bedingungen und die aussergewöhnliche Erfahrung und das Know-how der Leuchtturmwärter waren dabei nicht berücksichtigt worden. In den folgenden Jahren behaupteten andere Wächter, in der salzigen Luft Stimmen zu hören, die die Namen Thomas Marshall, James Ducat und Donald McArthur schrien.
Dies seltsamen Ereignisse und das Verschwinden der Wächter auf Eilean Mor wurde 2018 mit dem Film „Vanishing“ (in Deutschland „Keepers“) mit Gerald Butler, Connor Swindells und Peter Muller in den Hauptrollen, verfilmt.
Seltsam? Aber so steht es hier geschrieben... Ihr habt Fragen, Anregungen oder vielleicht sogar eine völlig andere Meinung zu diesem Artikel? Dann postet einen Kommentar.
1 Kommentar
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.
Danke für den spannenden Artikel. Ich liebe Leuchttürme, ihre Technik, die Geschichte und Geschichten.
Harte Arbeit für die Leuchtturmwärter, oft Einsamkeit, spezielle Romantik für den, der das mag und auch mit sich alleine klar kommt. Hat sicher auch nicht für jeden, der den Job hatte, immer gepasst.