Ukraine-Krieg

NATO, Russland: Wer gewinnt den Abnutzungskrieg?

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Der Krieg in der Ukraine ist ein Abnutzungskrieg und daher auch ein Produktionskrieg. In diesem Artikel vergleichen wir einmal die Produktionskapazität der NATO-Staaten mit der Russland, um zu sehen, wer theoretisch länger durchhalten könnte.

Die Frage der Produktionskapazität ist entscheidend, um das militärische Potenzial eines Landes, das im Krieg steht, zu verstehen.

Der Krieg in der Ukraine hat sich zu einem Abnutzungskrieg entwickelt, und Abnutzungskriege werden im Allgemeinen durch zwei Dinge entschieden: Auf der einen Seite gibt es natürlich die Frage, wie groß die Verluste sind, die man erleidet (wie viele Soldaten verliert man, wie viel Ausrüstung geht verloren).

Auf der anderen Seite steht die Frage der Produktionskapazität: Wie viel neue Ausrüstung kann man bauen, um diese Verluste zu ersetzen? Die Frage der Produktionskapazität ist entscheidend, um das militärische Potenzial eines Landes, das im Krieg steht, zu verstehen. Wenn man wissen möchte, wie produktiv ein Land ist, schaut man in der Regel auf das BIP, denn das Bruttoinlandsprodukt ist eine Zahl dafür, wie viel ein Land in einem Jahr produziert hat.

Viele Analysten sind der Meinung, dass das kombinierte BIP der NATO 21-mal größer ist, als das Russlands. Das gilt natürlich nur, sofern die NATO auch beschliesst, Russland in der Produktion von Militärausrüstung zu übertreffen. Dann kann sie dies auch ohne Zweifel. Es wäre aber interessant, ein wenig in diese Zahlen einzutauchen und zu erklären, wie Militäranalysten typischerweise über das BIP im Zusammenhang mit Verteidigungsbudgets und militärischer Produktionskapazität sprechen.

Wie berechnet man militärische Produktionskapazität?

Der Einfachheit halber haben wir mal das BIP aller NATO-Länder genommen und das mit dem BIP der Ukraine kombiniert. Beide BIPs bilden also quasi einen Block. Dann haben wir das BIP Russlands und seiner Partner auf der anderen Seite: dies sind Weißrussland, Iran und Nordkorea:

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Diese Zahlen stammen aus den IMF-Prognosen für 2023. Wenn wir diese beiden Blöcke nebeneinander legen, erhalten wir folgendes Bild: Die kombinierte Produktionskapazität des Westens ist circa 22-mal größer, als die Produktionskapazität Russlands und seiner Unterstützer im Krieg, also 22-mal größer, als die Produktionskapazität von Russland, Iran, Nordkorea und Weißrussland zusammen.

Auf welcher Seite steht China?

China beliefert den Westen stärker, als Russland

Das ist allerdings nur eine grobe Vorstellung der relativen Produktionskapazität auf den beiden Seiten. Es ist nicht möglich, hier überaus exakt zu sein. Eine Frage, die sich dabei stellt, ist zum Beispiel auch, wo China in dieser Rechnung steht. Was ist, wenn wir China auf die russische Seite zählen? Das würde natürlich die russische Produktionskapazität dramatisch erhöhen. Das wäre jedoch irreführend, denn China leistet tatsächlich keine direkte militärische Hilfe an Russland.

China umgeht auf verschiedene Weisen die Sanktionen, hilft Russland dabei, diese zu umgehen, aber es liefert keine Waffen für den Krieg. Eine Grauzone also. Dennoch wäre es im Allgemeinen eher falsch, die gesamte Produktion Chinas auf die Seite Russlands zu addieren. Wenn wir uns Chinas Handelsbeziehungen ansehen, gehen viel mehr ihrer Produkte auf die westlichen Märkte als auf Russland. Ausserdem: Wenn wir China auf die Seite Russlands zählen, dann sollten wir auch mehr als nur die NATO zur ukrainische Seite zählen, denn die Ukraine wird tatsächlich auch von Ländern wie Australien, Japan, Südkorea und anderen unterstützt. Also, um es einfach zu halten, haben wir nur die NATO-Länder einbezogen und China hier nicht zur russischen Seite gezählt.

Was bedeutet „Kaufkraftparität“?

Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten, das BIP zu messen, und bisher haben wir in unserer Berechnung nur das sogenannte nominale BIP verwendet. Das ist das Gesamt-BIP, wenn es in US-Dollar gezählt wird, und das führt tatsächlich zu einigen signifikanten Problemen bei der Berechnung, weil die meisten Länder ja offensichtlich nicht den US-Dollar verwenden. Sie haben ihre eigene Währung, und das bedeutet, dass die Zahlen für das BIP in hohem Maße vom Wechselkurs abhängen.

Wenn der Wechselkurs steigt oder fällt, sieht es so aus, als ob sich das BIP eines Landes geändert hätte, auch wenn die Produktion genau die gleiche bleibt. Stattdessen kann man hier eine Zahl für das BIP verwenden, die für die sogenannte Kaufkraftparität (PPP) korrigiert ist. Das ist im Wesentlichen die gleiche Beobachtung, die wir alle machen, wenn wir ins Ausland reisen: hier sind Dinge manchmal billiger oder teurer als das, was wir von zu Hause gewohnt sind.

Genau dasselbe ist es, wenn Staaten Dinge kaufen. Wenn du beispielsweise Russland bist, würdest du normalerweise mehr mit deinem Geld kaufen können, weil die Preise in Russland eben billiger sind, als wenn du die amerikanische Regierung wärst, die ihre Produkte zu Hause in den Staaten kaufen muss.

Auf der nächsten Seite: Ein zweiter Blick.

Ein zweiter Blick

Wenn wir also versuchen, Verteidigungsbudgets und militärische Produktionskapazität zu vergleichen, verwenden wir oft das BIP, das als PPP korrigiert ist. Wenn wir diese Zahlen in diese Berechnung also einbeziehen, ist es ausgeglichener, weil die Länder in Russlands Gruppe in dieser Berechnung im Allgemeinen Orte sind, wo die Preise für Produkte tendenziell billiger sind, als im Westen. Das westliche BIP, korrigiert für die Kaufkraftparität, ist dann aber immer noch größer als auf der russischen Seite, aber es ist nicht mehr sooo viel größer:

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Statt 22-mal größer ist es näher an etwa 8,5 bis 9-mal größer.

Also, welche dieser Zahlen ist die richtige? Ist es 1 zu 22 oder ist es 1 zu 9? Die richtige Antwort liegt irgendwo dazwischen, weil es einige Bereiche gibt, in denen es besser ist, PPP zu verwenden, und andere, in denen es mehr Sinn macht, den nominalen Dollarwert zu verwenden: Zum Beispiel bei der Anschaffung von hoch entwickelter Ausrüstung aus dem Ausland.

Fazit

Haben wir auch den Willen dazu?

Nehmen wir also der Einfachheit halber an, dass die westliche Produktionskapazität in diesem Krieg 15-mal größer ist, als die Russlands. Das sagt etwas darüber aus, wie groß die Herausforderung für Russland sein wird, langfristig mitzuhalten, wenn die westlichen Länder den politischen Willen haben, die Ukraine weiter zu unterstützen.

Egal wie viel der Westen beschließt, in diesen Krieg zu investieren – Russland wird 15-mal mehr investieren müssen, nur um überhaupt einmal Schritt zu halten. Und wenn es die Oberhand gewinnen will, muss es sogar noch mehr investieren. Russland hätte also – sofern wir es wirklich ernst mit unserer Unterstützung und der Produktion von Waffen und Munition meinen, ernsthafte Probleme. Russland gibt so viel Geld für den Krieg aus, dass es langfristig nicht mehr in seine eh schon marode Infrastruktur investieren kann. Es finanziert den Krieg im Grunde genommen mit seinen Ersparnissen und pumpt diese in seine Gesellschaft. Es besteht die erhebliche Gefahr, dass die russische Wirtschaft dadurch überhitzt. Wenn es also weiterhin 15-mal mehr investieren muss, als die westlichen Länder, wird es sehr schwierig für Russland sein, mitzuhalten.

Aber natürlich hängt alles vom politischen Willen des Westens ab.

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