Gesellschaftskritik

Wie sieht Anarchie aus? Ein Ãœberlebender berichtet.

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Wie viel trennt unsere bisher funktionierende Gesellschaft von Chaos und Anarchie? Weniger, als uns lieb ist. Was würde passieren, wenn beispielsweise der Euro von heute auf morgen nichts mehr wert ist, die Banken schliessen, Polizisten die Arbeit einstellen? Wie sieht eine Gesellschaft aus, die im Krieg, nach einer Katastrophe oder einem Finanzcrash kollabiert? Hier der erschütternde Erfahrungsbericht eines Überlebenden aus dem Bosnienkrieg.

Dieser Erfahrungsbericht wurde in einem Forum gefunden. Er stammt von einem Überlebenden aus dem Bosnienkrieg und wurde von der Muttersprache des Verfassers erst ins Französische und dann ins Englische übersetzt, was die manchmal etwas holprigen Formulierungen erklärt. Der Bericht schildert aber sehr eindringlich die Schrecken einer solchen Situation und zeigt, wie man sich vorbereiten sollte, wenn eine Gesellschaft in Anarchie abgleitet.


Ein Jahr in der Hölle

„Wir haben um diese Sachen wie die Tiere gekämpft.“

Ich komme aus Bosnien. Wie ihr vielleicht wisst, war es dort zwischen 1992 und 1995 die Hölle. Ein Jahr lang lebte und überlebte ich in einer Kleinstadt mit 6000 Einwohnern, in der es kein Wasser, keine Elektrizität, kein Benzin, keine medizinische Versorgung gab. Der Zivilschutz war nicht vorhanden, die zentralen Einrichtungen und Regeln außer Kraft gesetzt.

Unsere Stadt war von der feindlichen Armee abgeschnitten worden und ein ganzes Jahr lang verwandelte sich das Leben dort in einen Alptraum. Es gab auf unserer Seite keine Armee oder Polizei, wir hatten nur einige bewaffnete Gruppen, die ihr Heim und ihre Liebsten zu schützen versuchten.

Als alles anfing, waren einige von uns besser vorbereitet als andere. Aber die meisten der Nachbarsfamilien hatten nur ausreichend Nahrungsvorräte für einige Tage. Manche hatten Revolver, einige wenige hatten Kalaschnikovs oder Schrotflinten.

Nach einem oder zwei Monaten fingen die ersten Banden ihr Unwesen an. Sie hinterließen eine Spur der Zerstörung. Krankenhäuser verwandelten sich so beispielsweise eher zu Schlachthäusern. Es gab dort kein Sicherheitspersonal und mehr als 80 Prozent der Belegschaft waren nicht mehr da. Ich hatte Glück. Meine Familie war zu der Zeit recht groß (15 Personen in einem großen Haus, sechs Revolver und drei AK-47) und wir – zumindest die meisten von uns – haben überlebt.

Die Amerikaner haben alle 10 Tage Notrationen (MRE=Meals Ready to Eat) aus der Luft abgeworfen um den eingeschlossenen Städten zu helfen. Doch dies war nie genug. Einige wenige in der Stadt hatten einen Garten, aus dem sie sich zusätzlich versorgen konnten. Es dauerte drei Monate bis das erste Gerücht die Runde machte, dass Menschen in der Stadt verhungerten oder erfroren. Wir entfernten alle Türen in unserem Haus, rissen Fensterrahmen, Holzböden und Möbel aus verlassenen Häusern und verbrannten all das zusammen um unser Haus zu heizen. Viele (leider auch zwei aus meiner Familie) starben damals an Krankheiten, die sich meist durch verseuchtes Wasser verbreiteten. Wir tranken hauptsächlich Regenwasser und aßen Tauben oder sogar Ratten.

Geld wurde sehr bald wertlos. Tauschhandel war wieder angesagt. Für einen Topf Tushonka (eine Art Sülze mit Putenfleisch) konnte man eine Frau bekommen. Das hört sich sehr extrem an, ist aber wahr. Die meisten Frauen, die sich derart verkauften, waren verzweifelte Mütter.

Waffen und Munition, Kerzen, Feuerzeuge, Antibiotika, Benzin, Batterien und Essen. Wir haben um diese Sachen wie die Tiere gekämpft. In solchen Situationen ändert sich alles. Menschen werden zu Monstern. Es war abscheulich.

Stärke maß sich in Zahlen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein alleinlebender Mensch ausgeraubt und getötet werden würde, auch wenn er bewaffnet war. Heute sind meine Familie und ich gut vorbereitet. Ich bin gut bewaffnet. Ich habe jetzt Erfahrung. Es macht keinen Unterschied, was passieren wird: Erdbeben, Tsunami, Außerirdische, Terroristen, wirtschaftlicher Zusammenbruch oder Aufstände. Was den Unterschied macht ist, dass etwas passieren wird.

Deshalb teile ich diese – meine – Erfahrung mit euch: Ihr könnt es nicht alleine schaffen. Bleibt nicht von eurer Familie getrennt, bereitet euch gemeinsam vor. Wählt verlässliche Freunde.

Auf der nächsten Seite: Wie man sich in einer Stadt sicher bewegt.

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Neueste Kommentare

  1. Hmm, ich hatte zuerst Deinen Bericht über Alois Irlmaier gelesen. Das sind ja schöne Aussichten…
    Wenn also in den nächsten Wochen auf einer Friedenskonferenz auf dem Balkan ein bedeutender Politiker ermordet wird, will ich bereits vorgesorgt haben.

    Da kam dann Dein Artikel über die Anarchie.

    Was hältst Du von meiner Liste, fehlt etwas wichtiges (2 Personen)?

    Mineralwasser mit Kohlensäure – ca. 30 Liter
    stilles Mineralwasser – ca. 30 Liter

    Lebensmittel mit möglich langem Haltbarkeitsdatum
    H-Milch – ca. 10 Liter
    Konservensuppen – ca. 30 Dosen
    Nudeln – ca. 30 Packungen
    Reis – ca. 30 Packungen
    Milchreis
    Weizen
    Trockenobst
    Nüsse
    Obst in Dosen und Gläsern

    Toilettenpapier, trocken
    Toilettenpapier, feucht
    Seife
    Waschmittel
    Zahnpasta und Zahnbürsten
    5x10Liter Wasserkanister zum Füllen mit Leitungswasser
    Einweghandschuhe
    Mundschutz

    Alkohol zum Desinfizieren
    Verbandsmaterialien und Pflaster
    Feuerzeuge
    Kerzen
    Gaskocher mit Gas-Kartuschen
    Starke Taschenlampen und Ersatzbatterien
    Messer
    Einweggeschirr

    Gemüsesamen (für die glückliche Zeit nach den 3 Wochen)
    Brennholz, 3 Raummeter (Kamin ist vorhanden)
    Axt
    Spaten

    Nur als Tauschmittel (glücklicherweise nicht zum Eigenbedarf):
    Schnaps
    Zigaretten

    An Schusswaffen und Munition komme ich wohl nicht heran und mit einem großen Familienclan kann ich auch nicht aufwarten. Wo bekommt man Antibiotika her? In einer online-Apotheke mal nicht.

    Ich lebe in einer Kleinstadt etwa von der Größe, wie hier beschrieben und dann noch am Rhein, auf halbem Weg zwischen Köln und Frankfurt… wie hoch schätzt Du meine Ãœberlebensaussichten bei einem Szenario, wie es der Alois vorausgesehen hat?

  2. Über deine Überlebenschancen kann ich dir leider nichts sagen, Irlmaier ist der Hellseher, nicht ich 😄 Es ist aber sicher eine gute Idee, Autobahnen zu meiden oder die Situation vorausschauend im Blick zu behalten (Nachrichten etc.) und schneller zu sein, als die meisten anderen. Hier können schon Stunden entscheiden. Wer das nötigste bereits gepackt hat (Notfall-Rucksack), hat einen enormen Vorteil.

    Ausführliche Listen zur Vorsorge im Katastrophenfall (welche Medikamente, Nahrung usw.) gibt es als PDF-Broschüre beim Bundesamt für Katastrophenschutz: https://www.bbk.bund.de/DE/Ratgeber/VorsorgefuerdenKat-fall/VorsorgefuerdenKat-fall_Einstieg.html

    Daran kann man sich schon mal orientieren. Ansonsten ist es sehr hilfreich, wenn man einfach mal für ein paar Tage mit dem Schlafsack draussen verbringt oder einfach nur Zelten geht. Dann merkt man schnell, was man braucht – und was überflüssig ist. Die Bedürfnisse sind hier sehr unterschiedlich (Einzelperson? Familie? Kinder usw.).

    Ein Hardcore-Prepper z.B. würde auf Feuerholz im Kamin verzichten: es könnte schliesslich unliebsame Besucher anlocken :-) Aber man muß sich hier auch nicht verrückt machen. Ein gewisses Maß an Mindestvorsorge (und sei es nur für einen längeren Stromausfall) ist aber ratsam.

    Tauschmittel wie Schnaps und Zigaretten sind natürlich eine sehr gute Idee. Die wertvollsten Tauschmittel wären in einer solchen Situation sicher Schmerz- und Desinfektionsmittel, neben Alkohol und (man glaubt es kaum) dem guten, alten Feuerzeug.

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