TAG 201 – MONTAG, 12. SEPTEMBER 2022
Kharkiv-Region befreit +++ Hohe russische Verluste
Die Russen haben sich im Norden hinter die Grenze auf russisches Gebiet zurückgezogen, im Osten östlich des Oskil-Reservoirs. Weiter südlich wird Lyman immer noch umkämpft. In einem „normalen“ Krieg würden die Ukrainer den Russen nun auf russisches Gebiet nachsetzen, allerdings geben politische Vorgaben der westlichen Allierten der Ukraine vor, keine Gebiete außerhalb der Ukraine anzugreifen oder zu besetzen.
Während die Russen sich nach einem Rückzug östlich des Oskil gruppiert haben, versuchen Teile der ukrainischen Armee, ihnen nachzusetzen, indem sie den Oskil nördlich des Reservoirs bei Kivsharivka überqueren und ihnen nachsetzen. An dieser Stelle führt der Fluss im Moment kaum Wasser und ist leicht zu überqueren. Durch das Übersetzen auf das östliche Ufer möchte man verhindern, daß die Russen das Oskil-Reservoir als natürliche Verteidigungslinie nutzen und sich dort stabil eingraben können.
Nachdem man erst davon ausging, daß in Izium tausende russische Soldaten eingeschlossen wurden, scheint nun vielen die Flucht nach Osten gelungen zu sein, so dass die Anzahl an Kriegsgefangenen die Ukrainer nicht, wie befürchtet, vor zu große organisatorische Herausforderungen stellt.
Nach visuell bestätigten Angaben des ukrainischen Generalstabs hat die russische Armee auf ihrem panikartigen Rückzug vor den Ukrainern große Verluste erlitten. Gleichzeitig konnten die Ukrainer einen großen Teil des russischen Equipments, darunter APCs, Panzer, Munition, Artillerie und Raketenwerfer, unter ihre Kontrolle bringen:
Russische Verluste durch die Nord-Offensive: | |
---|---|
99 | Infanteriekampffahrzeuge |
66 | Laster, Jeeps, sonstige Fahrzeuge |
65 | Panzer |
25 | Gepanzerte Kampffahrzeuge |
141 | Artilleriegeschütze (nicht-gezogen) |
113 | Kommandoposten und Kommunikationseinrichtungen |
78 | Gezogene Artillerie |
90 | Raketenwerfersysteme |
184 | Instandsetzungsfahrzeuge und -maschinen |
119 | UAVs (Drohnen) |
67 | Surface-To-Air (Luftabwehrsysteme) |
7 | Flugabwehrgeschütze |
52 | Flugzeuge |
48 | Helikopter |
15 | Schwere Granatwerfer |
13 | Jammers (elektronische Funkstörungsgeräte) |
14 | Radarsysteme |
3 | Logistikzüge |
53 | Artillerieunterstützungsfahrzeuge |
Ca. 41% dieser Gerätschaften konnte in funktionsfähigem Zustand übernommen werden. Der Rest wurde zerstört oder beschädigt. Durch die Offensive konnte nicht nur ein großer Teil des besetzten Gebiets zurückgewonnen, sondern auch ein erheblicher Teil militärischen Materials eingenommen werden. Somit ist der größte Waffenlieferant der Ukraine nach den USA und GB nun endgültig Russland selbst.
Derzeit gibt es Hinweise darauf, dass die Ukraine Truppenteile im Südosten (oberhalb von Mariupol) verstärkt und dieses Gebiet auch von eigenen Minen räumt. Das könnte auf einen geplanten Vorstoß nach Mariupol hindeuten.
TAG 200 – SONNTAG, 11. SEPTEMBER 2022
Kopiansk befreit +++ Izium befreit +++ Russen in Izium eingekesselt
Nachdem die Gegenoffensive der Ukraine im Nordosten immer weiter an Momentum gewonnen hat, gilt das gesamte Gebiet von Staryi Saltiv über Kopiansk bis zu Izium nun als befreit. Die östliche Grenze des befreiten Gebiets verläuft nun entlang des Oskil, der eine ca 50km lange, natürliche Verteidigungslinie gibt. Ob die ukrainischen Kräfte hier ihre Verteidungslinie auf der westlichen Seite aufbauen oder den Oskil überqueren, um auf der östlichen Seite Brückenköpfe zu errichten, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob die Ukraine das Momentum dieser Offensive weiter ausnutzt oder nun langsamer voran geht, um das befreite Gelände und die eigenen Truppen zu konsolidieren, bevor die Rasputiza (Regenzeit) einsetzt, während der nur noch befestigte Straßen nutzbar sind.
Der restliche Frontverlauf im Osten und Süden hat sich im Großen und Ganzen seit dem letzten Update bis auf einige kleine Gefechte nicht verändert. Im Süden um Kherson versucht die Ukraine immer noch, besetztes Gebiet zurück zu erobern, geht hier jedoch, im Gegensatz zur Offensive im Nordosten, deutlich langsamer und mit Bedacht vor. Das kann sie auch, da in Kherson die Zeit auf Seiten der Ukraine ist, denn die russischen Truppen in diesem Gebiet sind augenscheinlich eingekesselt und können bis auf weiteres keinen Nachschub erhalten. Man geht davon aus, das ihnen in den nächsten Tagen, eventuell Wochen Munition, Verpflegung und Treibstoff ausgehen werden. Dann sitzen auch dort mehrere tausend russische Soldaten in einem Kessel. Allerdings steht fest, dass die Russen Kherson auf keinen Fall aufgeben wollen und hier deutlich mehr Anstrengungen zeigen werden, als beim Halten der Front um Izium.
- In Balakliia sollen große Teile des gesamte 202. Russische Regiment Luhansk kapituliert haben, womit allein dort gleich mehrere tausend russische Soldaten in Kriegsgefangenschaft gerieten.
- Im Gebiet um die Stadt Izium sollen angeblich zwischen 10.000 und 20.000 russische Soldaten auf der Flucht eingekesselt worden sein.
- Russische Truppen, denen die Flucht aus dem Gebiet Kopiansk und Izium gelang, ziehen sich nun in Donetsk zusammen.
- Russische Truppen flohen Hals über Kopf, so dass große Mengen Munition und Fahrzeuge aufgegeben wurden und in die Hände der Ukraine fiel.
++ 17:30 MEZ – Vorstoss bis an die russische Grenze ++
Im Norden sind ukrainischen Truppen nun bis an die russische Grenze durchgebrochen. Die ukrainische Grenzstadt Vovchansk wurde befreit, wo sich nur Stunden zuvor kilometerlange Staus Richtung Russland gebildet hatten, weil russische Zivilisten und Kollaborateure panikartig versuchten, das Land zu verlassen.
Nördlich von Kharkiv konnten die ukrainischen Truppen ebenfalls bis an die russische Grenze vordringen und den Ort Kzacha Lopan befreien. Die Kharkiv-Region gilt nun beinahe als vollständig befreit.
Deutsche Medien berichten weiterhin nur vom Pudel der Queen und verpassen die ganze Show.
TAG 199 – SAMSTAG, 10. SEPTEMBER 2022
Seit längerem gliedert die Front sich in drei Abschnitte, die jeweils ihre eigene Dynamik haben:
(I) Die nördliche Front von Kharkiv bis hinunter nach Izium
(II) Die östliche Front von Sievierodonetsk und Lysychansk bis hinunter nach Donetsk
(III) Die südliche Front mit dem Grossraum Mykolaiv und Kherson, sowie noch weiter südlich der Krim
In den letzten Wochen fanden die heftigsten Gefechte im Raum vor Sievierodonetsk und Lysychansk (II) statt, wo die Russen so schnell wie möglich die gesamte Oblast einnehmen wollen, um dort ein inszeniertes „Referendum“ abzuhalten, mit dem die gesamte Oblast dann offiziell als russisches Staatsgebiet annektiert werden soll. Da die Ukrainer sich dem nicht nur vehement widersetzen, sondern den Russen auch seit längerem das Personal ausgeht, rücken die russischen Truppen im Osten (II) nur noch wenige Meter pro Tag voran, wenn überhaupt. An allen anderen Fronten konnten sie in den letzten Wochen so gut wie keine Geländegewinne mehr verzeichnen.
Seit einigen Tagen haben die Ukrainischen Kräfte nun mit einer bereits seit langem angekündigten Gegenoffensive begonnen, nachdem es den Russen schon seit Wochen kaum noch gelang, neues Gelände zu gewinnen. Dass man eine Offensive lange vorher groß ankündigt, ist ungewöhnlich, macht aber in diesem Fall Sinn. Angekündigt wurde nämlich eine Gegenoffensive im Süden (III), um den Grossraum Kherson oberhalb des Kakhovka Reservoir von den russischen Truppen zu befreien. Während diese Offensive immer wieder angekündigt wurde, beschoss die Ukraine wiederholt alle Brücken dort über den Dnepr mit präzisen Lenkwaffen, um die oberhalb des Flusses um Kherson stationierten russischen Truppen vom Nachschub abzuschneiden. Die Russen gingen deshalb nicht nur tatsächlich davon aus, daß die Ukraine eine große Offensive im Süden vorbereite, sondern zogen auch noch Truppen von der östlichen und nördlichen Front nach Kherson ab, um dieses Gebiet im Süden zu verstärken.
Aus russischer Sicht war dies ein doppelter Fehler. Durch die Zerstörung aller Brücken über den Dnepr (III) gelten die russischen Truppen im Grossraum Kherson oberhalb des Fluss mittlerweile als eingeschlossen, es ist so gut keine Nachführung von Munition und Treibstoff mehr möglich. Mehrere Bataillone mit tausenden russischen Soldaten sitzen hier nun quasi in der Falle. Die Truppen dort nun auch noch weiter zu verstärken und dadurch die Front im Osten gleichzeitig zu schwächen, die seit Wochen eh kaum noch Fortschritte machte, ist von den Russen sehr unklug.
Seit Anfang September nun rücken die Ukrainer Stück für Stück in drei Keilen an der südlichen Front in russisch besetztes Gebiet Richtung Kherson (III) vor.
Der Clou ist aber: diese groß angelegte und seit Wochen und Monaten angekündigte Süd-Offensive ist im Grunde nur eine Ablenkung und sollte dazu dienen, dass die Russen ihre Front im Norden (I) und Osten (II) ausdünnen, indem sie Truppen von dort in den Süden nach Kherson ziehen. Dies gelang auch tatsächlich!
Da nun vor allem die Front im Norden von Kupiansk bis Izium (I) stark ausgedünnt ist, konnten die Ukrainer diese Chance nutzen und innerhalb weniger Tage in zwei Keilen bis nach Kupiansk und Izium vorstossen. Nennenswerte Gegenwehr von russischer Seite gab es dort nur noch vereinzelt, da die Ukraine seit Wochen hinweg gezielt russische Munitionsdepots im Hinterland beschiesst, so das es für die Russen immer schwieriger wurde, Nachschub an die Front zu führen.
Sowohl Kupiansk, als auch Izium (I) gelten als strategisch wichtige Orte, da durch sie wichtige Verkehrsknotenpunkte verlaufen. Um beide Städte wird derzeit (Stand heute) noch gekämpft, Kupiansk aber gilt bereits als von den Ukrainern einkesselt und quasi als eingenommen.
Laut ukrainischem Verteidigungsministerium wurden so in wenigen Tagen mehrere hundert Quadratkilometer besetztes Gebiet befreit und bedeutende Anteile russische Truppen eingekesselt oder gefangen genommen (mehre hundert bis gar tausend Mann). Die ukrainischen Truppen wurden von der (grösstenteils russischsprachigen) Bevölkerung in den seit Februar besetzten Gebieten begeistert und mit Freudentränen empfangen.
Auch im Süden Richtung Kherson rücken die Ukrainer derzeit vor, allerdings deutlich langsamer, als im Nordosten. Da aber durch den Einsatz von HARMs (Highspeed Anti Radar Missiles) in den letzten Wochen hier gezielt die russische Flugabwehr ausgeschaltet wurde, kann die ukrainische Luftwaffe im Gebiet Kherson bis tief ins Hinterland vordringen, um die ukrainischen Truppen zu unterstützen und russische Stellungen zu bombardieren. Das ukrainische Oberkommando spricht von täglich über fünfzig Lufteinsätzen allein in diesem Gebiet.
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