Ukraine-Krieg

Kriegstagebuch Ukraine – September

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Da den deutschen Medien gerade der Tod Königin Elizabeth‘, die Kinder von Harry und Megan, sowie die deutschen Gaspreise wichtiger sind, als der Kriegsverlauf in der Ukraine, berichten wir ab sofort über alle wichtigen taktischen Änderungen des Frontverlaufs, sowie über Geschehnisse, die den Kriegsverlauf beeinflussen.

Deutsche Medien haben ADS. Sie sind anscheinend nicht fähig, sich über einen längeren Zeitraum auf ein einziges Thema zu konzentrieren. Irgendwann ist dann also das putzige Eisbärenbaby im Zoo, der Nachwuchs eines Schauspielerpärchens oder der Fussball-Proll, der von einem Verein zum nächsten wechselt, wichtiger, als das Sterben in einem Krieg, der alle Europäer angeht. Wer dennoch nicht auf wichtige taktische Einblicke verzichten will, findet hier ab sofort zumindest die nötigste Info, um auf dem Laufenden zu bleiben.


Zu den Einträgen vom
November 2023 
September 2023Oktober 2023
Juli 2023August 2023
Mai 2023Juni 2023
März 2023April 2023
Januar 2023Februar 2023
November 2022Dezember 2022

Die wichtigsten Ereignisse im September, neueste zuerst:

TAG 219 – FREITAG, 30. SEPTEMBER 2022

Frontverlauf in den letzten Tagen größtenteils unverändert.

Die Einkesselung Lymans durch ukrainische Truppen schreitet täglich weiter voran, nachdem es der Ukraine nun auch gelungen ist, den Ort Yampil südöstlich von Lyman zu befreien. Schätzungsweise sind nun allein in Lyman nun zwei- bis dreitausend russische Soldaten eingekesselt. Ein geordneter Rückzug der russischen Truppen ist zu diesem Zeitpunkt kaum noch möglich. Russische Soldaten, die dem Kessel entfliehen möchten, müssen dies zu Fuss durch schlammiges Gelände versuchen, was einen mehrstündigen Fussmarsch verlangt. Lyman wird voraussichtlich in einigen Tagen von der Ukraine befreit werden, was nach der Befreiung Kharkivs ein weiterer Schlüsselmoment der Operation „Pivden“ wäre.

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Weiter südlich greifen russische Wagner-Truppen und Truppen der DPR immer wieder unermüdlich nach politischer Vorgabe Bakhmut an, wo sie unter hohen Verlusten kleinere Geländegewinne verzeichnen können. Der östliche Aussenbezirk Bakhmuts soll bereits von Wagner-Truppen besetzt sein, ebenso einige Nachbarorte südlich und nördlich von Bakhmut.

+++ Wagner-Kommandeur getötet +++

Alexei (Alexey) Nagin (Rufzeichen: „Terek“) war der Anführer der berüchtigten Wagner-Gruppe und wurde bereits am 20. September in der Nähe von Bakhmut tot aufgefunden. Die berüchtigte Wagner-Gruppe ist eine mörderische russische Privatarmee, die sich bereits in Syrien mehrerer Kriegsverbrechen an Zivilisten schuldig gemacht hatte und vor kurzem schwerstkriminelle aus russischen Gefängnissen für den Krieg in der Ukraine rekrutierte. Nagin hatte für Russland in Tschetschenien, Georgien, Syrien und Libyen gekämpft – nun teilt er das selbe Schicksal wie die Mehrzahl seiner Wagner-Soldaten, die mittlerweile alle ukrainischen Boden düngen.

Es ist nicht klar, wie er genau ums Leben kam, aber Bakhmut war in den letzten Wochen heftig umkämpft, nachdem Russland seine Bemühungen um die Sicherung der Donbass-Region intensiviert hatte. Ein Bild von Nagins Sarg, neben dem sein offizielles Armeefoto zu sehen ist, kursierte über Nacht in ukrainischen Telegrammgruppen. Auch Videoaufnahmen von seiner Beerdigung wurden verbreitet, auf denen Jewgeni Prigoschin – ein berüchtigter russischer Oligarch und enger Freund von Präsident Wladimir Putin – zu sehen ist. Prigozhin ist auf Spionage und Täuschung spezialisiert und wurde von den USA wegen angeblicher Beteiligung an einem Versuch, das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 2016 und anderer politischer Wettbewerbe zu beeinflussen, sanktioniert.

Es wird angenommen, dass er mit Maria Butina verbündet ist, einer russischen Spionin, die verschiedene konservative politische Gruppen wie die National Rifle Association infiltriert hat.

+++ So sorgt Russland für seine Soldaten +++

Mittlerweile wird immer ersichtlicher, dass es Russland nicht schafft, seine Soldaten auch nur im Ansatz vernünftig auszurüsten. Neben völlig verrosteten AK-47 (ja, das 47er-Modell, nicht das 74er) und uralten Mosin-Nagant-Repetiergewehren wurden nun auch Medipacks ausgeteilt, die wahrscheinlich deutlich älter sind, als die meisten der eingezogenen russischen Männer. Von einer Benutzung wird dringend abgeraten, sofern man sich keine Blutvergiftung holen möchte 😁

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TAG 217 – MITTWOCH, 28. SEPTEMBER 2022

Ukrainische Truppen haben den Ort Ridkodub (nördlich von Lyman) befreit und stoßen nun von dort in einer Zangenbewegung nach Lyman vor, das gleichzeitig auch aus südlicher und südöstlicher Richtung flankiert wird. Ein direkter Angriff auf Lyman aus südwestlicher Richtung ist aufgrund der dortigen Geländebeschaffenheit schwierig, weshalb die Ukrainer die Stadt einkreisen, um eigene Verluste zu minimieren.

Weiter östlich stossen ukrainische Truppen vom befreiten Bilohorivka aus weiter Richtung Lysychansk und nach Norden Richtung Kremina vor. Langfristiges Ziel ist es, die Städte Svatove und Starobilsk der Oblast Luhansk zu befreien, um die russischen Truppen im Norden komplett von den Nachschubwegen abzuschneiden.

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Bakhmut weiter südlich wird weiterhin von russischen Gruppen und Truppen der DPR bedrängt. Die Russen sollen bereits die äusseren Stadtteile Bakhmuts erreicht haben.

Im Süden und im Bereich Kherson keine nennenswerten Veränderungen des Frontverlaufs. Odessa wurde in den letzten Tagen immer wieder von Drohnen iranischer Bauart (wahrsch. Shahed-136) angegriffen. Der russische Kommandoposten, von dem aus diese Drohnen gesteuert wurden, und der sich in einem Naturschutzgebiet nahe Kherson befand, wurde laut ukrainischem Generalstab zerstört, wobei auch mehrere iranische Drohnenpiloten und Operateure getötet worden sein sollen.

TAG 215 – MONTAG, 26. SEPTEMBER 2022

In den letzten Tagen keine nennenswerten Veränderungen am Frontverlauf. Lyman, das Ostufer des Oskil und Bakhmut immer noch stark umkämpft. In Izium wurden mittlerweile neue Gräber entdeckt.

+++ Russland: Massenflucht, Anschläge auf Rekrutierungsbüros +++

Ein junger Russe hat in einer Einberufungsstelle der russischen Armee das Feuer eröffnet und einen dort arbeitenden Offizier schwer verletzt. Nach Angaben des russischen Untersuchungsausschusses handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen 25-jährigen Mann, der aus der Region kommt. Er sei festgenommen worden. Das Opfer hingegen befinde sich in einem sehr ernsten Zustand im Krankenhaus. Der Guardian-Korrespondent in Moskau veröffentlichte ein Video, in dem ein Schuss fällt und Menschen dann panisch wegrennen. Seinen Informationen zufolge war der Schütze wütend über den Einzug eines Freundes in den Krieg in der Ukraine. Bevor sie Schüsse fielen, soll er gesagt haben, „niemand geht hier irgendwo hin.“

Auf mehr als einem halben Dutzend weiterer Rekrutierungsstellen wurden in den letzten Tagen Brandanschläge, meist durch Molotov-Cocktails, verübt. Über 260.000 Männer sollen Russland mittlerweile fluchtartig verlassen haben, an den Grenzen zu Finnland und Kazhakistan stehen Autos in kilometerlangen Staus. Mit einem „Z“ auf dem Auto herum zu posieren, war für viele Russen wohl noch in Ordnung, so lange man nicht seinen eigenen Hintern für diesen Angriffskrieg hinhalten musste. Auf den Autos, die nun an der Grenze stehen, um der Rekrutierung zu entfliehen, sieht man plötzlich kein einziges „Z“ mehr. Nun gilt es, das eigene Leben zu retten. Aus der „stolzen Befreiungsoperation“, die man nur aus dem TV kannte, ist nun eine reale Gefahr für das eigene Leben geworden. Dann ist Krieg natürlich nicht mehr so lustig.

Am Sonntag gingen hunderte Frauen in Jakutien auf die Straße und forderten „Frieden“ und riefen „Nein zum Genozid“. Auf Bildern des örtlichen Fernsehens war zu sehen, wie einige Frauen festgenommen und mit Bussen abtransportiert wurden. Aus diesem Gebiet stammen viele der bereits getöteten russischen Soldaten, die meist den ethnischen Minderheiten im Land angehören. Allein am Samstag nahm die Polizei in ganz Russland mehr als 700 Menschen fest, die gegen den Krieg demonstrierten.

Wo waren nur all diese Protestanten, als ihr eigenes Leben oder das ihrer Liebsten noch nicht in Gefahr war? Da war es natürlich bequemer, sich weg zu ducken. „Feige, wie ein Russe“ ist mittlerweile, nicht nur in der Ukraine, zu einem Sprichwort geworden.

TAG 213 – SAMSTAG, 24. SEPTEMBER 2022

+++ Kompletter Zug mit Panzern explodiert +++

Ein Zug voller russischer Panzer hat sich bei der Ankunft in der Ukraine „selbst gesprengt“. Der Konvoi von T62-Panzern war auf dem Weg nach Jasinowataja in der ukrainischen Region Donezk, als er bei der Einfahrt scheinbar zufällig explodierte. Der Rauch war kilometerweit zu sehen, und Videoaufnahmen des Vorfalls verbreiteten sich in den sozialen Medien. Auf einem Video war der Rauch zu sehen, auf einem anderen der zerstörte Bahnhof mit den Panzerwracks in voller Pracht – das Video wurde von einem russischen Soldaten eingespielt, der behauptete, die Panzer seien „ohne Grund“ explodiert. Hat ein Russe wieder mal geraucht?

Einige Online-Medien wiesen darauf hin, dass es sich in Wirklichkeit um ukrainische Raketen handelte und dass dies ein großer taktischer Sieg für die Ukraine war. Der T62-Panzer, von dem es mehrere Tausend Stück geben soll, wurde ursprünglich 1961 von der Sowjetunion gebaut und später vom gestürzten Despoten Nordkorea hergestellt. Seine Hauptwaffe ist eine U-5TS-Kanone, die etwa 10 riesige Granaten pro Minute auf eine Entfernung von etwa 2.000 Metern abfeuern kann.

Die Nachricht von der Explosion der sehr alten Panzer wurde von vielen Nutzern der sozialen Medien mit Freude aufgenommen.

TAG 212 – FREITAG, 23. SEPTEMBER 2022

Ukrainische Truppen haben nun auch südlich des Oskil-Reservoirs auf der Ostseite des Flusses einen Brückenkopf errichtet und dort mehrere Orte befreit:

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+++ Massenflucht aus Russland +++
An den russischen Grenzen bilden sich derzeit kilometerlange Staus, sämtliche Flüge aus Russland in Länder, die Russen noch eine einfache Einreise erlauben, sind ausgebucht. Reservisten versuchen scharenweise, das Land zu verlassen, um nicht in Putins Krieg geschickt zu werden. Die EU-Länder beraten, ob man diesen Russen die Einreise gewähren sollte.

Unsere Meinung:
Natürlich nicht! Was immer wieder gerne vergessen wird: jedes Volk, jedes Land hat genau die Führung, die es verdient. Wer sich Jahre lang nur feige wegduckt, braucht sich nicht wundern, wenn auf einmal ein Diktator am Ruder sitzt. Russland stellt seit langem eine Gefahr für die gesamte zivilisierte Welt dar, und diese Gefahr neutralisiert sich nicht von selbst, indem man feige aus seinem Land flieht, sondern indem man dort bleibt und endlich beginnt, das Problem an der Wurzel zu lösen.

Es wird Zeit, dass junge, unkritische und weichgespülte Russen endlich lernen, sich gegen das Regime zu wehren, sich zu vernetzen und zu demonstrieren. Im Iran gehen die Menschen derzeit „nur“ wegen EINEM Opfer auf die Strassen. In der Ukraine mussten bereits über 50.000 eurer Landsleute sterben! Und ihr habt immer noch nicht genug Rückgrat, euch gegen euer Regime zu erheben und haut einfach ab? Was braucht es denn noch?

Falls Demonstrationen nicht erlaubt sind, müssen notfalls Bomben sprechen. Es wird Zeit für den aktiven Widerstand in Russland selbst. Und das geht nicht, indem man sich feige in den Speck der EU vergräbt, nachdem man Putin 20 Jahre hat gewähren lassen und sich nur weg geduckt hat. Nun hat die ganze Welt wegen eurem durchgeknallten Regime ein Problem. Es stinkt in eurem Land, also bringt endlich euren Abfall raus.

Wenn die EU jetzt so dumm ist, fliehenden Russen Zuflucht zu gewähren, nimmt sie damit wichtigen Druck aus dem russischen Kessel, der dringend nötig ist, damit das bestialische Regime dort endlich kollabiert.

TAG 211 – DONNERSTAG, 22. SEPTEMBER 2022

Oberhalb des Oskil-Reservoirs ist der östliche Teil Kupiansk nun fest in ukrainischer Hand. Die ukrainischen Truppen rücken von dort weiter in Richtung Westen vor und haben bei Kucherivka, einem Vorort westlich von Kupiansk, eine Verteidigungslinie errichtet.

Weiter nördlich, bei Lyman, haben ukrainische Truppen das Dorf Drobysheve (nordwestlich von Lyman) eingenommen. Damit haben sie den Druck auf Lyman, das sich noch in russischer Hand befindet, aber bereits von allen größeren Nachschubwegen abgeschnitten wurde, weiter erhöht.

Östlich von Lyman rücken die ukrainischen Truppen beim bereits befreiten Bilohorivka täglich stückchenweise immer weiter nach Westen Richtung Lysychansk vor, das auf erhöhtem Grund liegt und deshalb von der russischen Armee gut zu verteidigen ist.

Entlang der restlichen Front keine nennenswerten Veränderungen.

+++ Austausch von Kriegsgefangenen +++

215 Ukrainer sind gegen 55 russische Soldaten ausgetauscht worden. Darunter sind auch zehn Söldner und Putin-Freund Wiktor Medwedtschuk. Die Ukraine hat am Mittwoch den größten Gefangenenaustausch mit Russland seit Beginn des Krieges Ende Februar verkündet. Wie Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Ansprache mitteilte, habe Russland im Austausch 55 Gefangene erhalten, darunter Wiktor Medwedtschuk, ein ehemaliger ukrainischer Abgeordneter und Verbündeter von Russlands Präsident Wladimir Putin. Kurz zuvor waren bereits zehn Kriegsgefangene aus fünf Ländern aus Russland nach Saudiarabien gebracht worden. Fünf der Freigelassenen stammen aus Großbritannien, zwei aus den USA und jeweils einer aus Schweden, Kroatien und Marokko. Einer der Briten, Aiden Aslin (28), entgeht damit der Todesstrafe, zu der er ursprünglich verurteilt worden war. Auch der Brite Shaun Pinner (48) soll freigelassen worden sein – ebenso wie die US-Bürger Alexander Drueke (39) und Andy Huynh (27).

TAG 210 – MITTWOCH, 21. SEPTEMBER 2022

Leichte Geländegewinne für die Ukraine bei Lyman und Bilohorivka. Sehr geringes Vorrücken russischer Truppen Richtung Bakhmut. Gesamtlage ansonsten im Großen unverändert.

+++ Teilweise Mobilmachung in Russland +++
Da Russland längst die Soldaten ausgehen, ordnete der russische Diktator Präsident Putin eine Teilmobilmachung an. Dadurch kann er mit sofortiger Wirkung eine große Anzahl Reservisten rekrutieren. Als Zielsetzung gibt der Kreml 300.000 Mann an, die in den nächsten Wochen mehr schlecht, als recht ausgebildet und dann wohl mit lausiger Ausrüstung an die ukrainische Front geschickt werden, wo sie im Grunde nur als weiteres Kanonenfutter dienen.

Bereits jetzt verfügen die russischen Soldaten im Angriffskrieg in der Ukraine über eine bemerkenswert schlechte Ausbildung und nur dem unbedingt Nötigsten an völlig veralteter Ausrüstung – zur Erinnerung: die „Eliteeinheiten“ der Fallschirmjäger wurden in den ersten 48 Stunden des Angriffs bei Kiew fast vollständig vernichtet. Eine andere „Eliteeinheit“, die 1st_Guards_Tank_Army, wurde vor kurzem während der „Operation Pivden“ von den Ukrainern in Izium vollständig vernichtet. Dies wird bei den 300.000 Mann, die nun so schnell wie nur möglich an die Front geschickt werden sollen, nicht besser sein – im Gegenteil.

Putin erklärt damit also eigentlich dem eigenen Volk den Krieg. Dieses scheint von der Idee, in den Krieg ziehen zu müssen, so angetan, dass sich an den wenigen Grenzen Russlands, an denen tatsächlich noch russische Visa akzeptiert werden, lange Schlangen ausreisewilliger gebildet haben, die Russland nun so schnell wie möglich verlassen möchten. In den Stunden vor und nach der Teilmobilmachung, stiegen laut Google Trends die Suchanfragen nach dem Begriff „Wie man Russland verlässt“ sprunghaft an. Der Anstieg wurde vom Telegram-Kanal Mozhem Obyasnit festgestellt, ist aber auch bei Google Trends für alle sichtbar. Die Popularität des Satzes scheint gegen 18:00 Uhr Moskauer Zeit ihren Höhepunkt erreicht zu haben.

+++ Scheinreferenden vor Durchführung +++
In den kommenden Tagen sollen in den russisch besetzten Oblasten der Ukraine Scheinreferenden durchgeführt werden, bei denen so getan wird, als würde die Bevölkerung sich freiwillig dem russischen Aggressor einverleiben wollen (das wäre quasi so, als würde das Opfer einer Vergewaltigung danach von ihrem Peiniger noch gefragt, ob es ihr gefallen hat – bevor er sie dann abermals vergewaltigt).

Diese Farce, die die unterdrückte Bevölkerung in den besetzten Gebieten verhöhnt, von keinem Recht der Welt gedeckt und letztendlich auch von so gut wie keinem Land der Welt anerkannt wird, hat allerdings für Putin einen politischen Zweck: nach den getürkten Referenden (die Russland natürlich alle mit, raten wir mal, 97-99% gewinnen wird), kann Russland die besetzten Gebiete als „russisches Territorium“ ausgeben und jeden Angriff der ukrainischen Armee als „Angriff auf Russland“ ummünzen.

Dies gäbe ihm dann – nach seiner ganz eigenen verrückten Logik – das Recht, diese Angriffe mit „allen verfügbaren Mitteln“ zu vergelten. Putin nahm bei dieser Gelegenheit auch wieder einmal das beliebte „A-Wort“ in den Mund, vor dem sich vor allem die so gut von den Russen konditionierten Deutsche unglaublich fürchten. Einigen deutschen Hausfrauen soll vor Schreck die Suppenschüssel aus der Hand gefallen sein. Es bleibt spannend.

TAG 209 – DIENSTAG, 20. SEPTEMBER 2022

Lage seit gestern im Großen unverändert. Während ukrainische Truppen weiter Lyman aus verschiedenen Richtung angreifen und in Bilohorivka einen Brückenkopf Richtung Lysychansk errichten konnten, greifen russische Truppen und Truppen der DPR weiterhin hypnotisch die Westfront Richtung Bakhmut an, wo sie seit gestern leichte Geländegewinne machen konnten. Im Süden im Raum Kherson rückt die Ukraine langsam Stück für Stück Richtung Dnepr vor und kesselt so an die 35.000 russische Soldaten ein, die größtenteils von der Nachschubversorgung abgeschnitten sind.

Im Raum Karkiv konnten ukrainische Befreiungstruppen einen seltenen T90-M Panzer der Russen erbeuten. Dieser äußerst seltene Panzer, der mit Nakidka überzogen ist, einem Tarnmaterial, das von Russland zur Wärmeisolierung und zum Schutz vor Radarsignalen verwendet wird, stellt quasi den Ober-Pokemon der russischen Armee dar, denn der T-90M ist der modernste Panzer der russischen Armee (der berühmte T-14 Armata befindet sich noch in der Erprobung) und wurde bisher noch nicht erbeutet, weil nur wenige davon überhaupt in Betrieb sind.

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T90-M

💡 FUN FACT
Das russische Verteidigungsministerium gibt an, mittlerweile 44 von den 16 aus den USA gelieferten HIMARS Raketenabschusssysteme zerstört zu haben ☝😀

TAG 208 – MONTAG, 19. SEPTEMBER 2022

Kupiansk unter Kontrolle +++ Lyman von drei Seiten umzingelt

Lyman wird aus drei Richtungen von ukrainischen Truppen belagert und steht nun kurz vor der Befreiung.

Weiter östlich befindet sich Bilohorivka nun unter ukrainischer Kontrolle, von wo aus die ukrainischen Truppen nun weiter vorrücken, um dann Lysychansk und Sivierodonetsk zu befreien. Bilohorivka stellt für die Russen bereits ein Trauma dar, da hier vor einigen Monaten eine Überquerung des Siwersky Donez River fürchterlich fehl schlug und die Russen mehr als 70 gepanzerte Fahrzeuge unter ukrainischer Artillerie verloren haben.

Nördlich des Oskil-Reservoir ist Kupiansk nun ebenfalls vollständig unter ukrainischer Kontrolle. Die ukrainischen Truppen verfügen somit über einen festen Brückenkopf östlich des Oskil.

Von Kupiansk und Lyman aus werden die ukrainischen Truppen dann die beiden strategisch wichtigen Städte Svatove und, weiter nördlich, Troitske befreien, womit dann sämtliche nördliche Nachschublinien in den Donbas in ukrainischer Hand wären.

Im Osten der Front drückt bei Bakhmut die russische Armee weiterhin stupide nach Westen, jedoch ohne nennenswerte Geländegewinne und verheizt so weiterhin völlig sinnlos die eigenen Soldaten.

Im Süden im Raum Kherson kann die Ukraine leichte Geländegewinne verzeichnen. Langsam aber sicher gelangen die ukrainischen Truppen hier näher und näher and die Stadt Kherson heran, wo die russischen Besatzer mit großen Nachschubproblemen kämpfen und mittlerweile bis zu 35.000 russische Soldaten rechts des Dnepr eingeschlossen sind, weil alle Brücken über den Dnepr mittlerweile von ukrainischen Truppen zerstört wurden. Die Russen sollen nun in einem verzweifelten Versuch neun Eisenbahnwagons im Fluss versenkt haben, um eine Art Behelfsbrücke zu bauen.

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TAG 207 – SONNTAG, 18. SEPTEMBER 2022

Schiesserei in Kherson ++ Gefechte im Osten ++ Um Lyman wird es eng

Videos zeigen heftige Schiessereien in Kherson, das immer noch von russischen Truppen besetzt ist. Ob es sich um Kämpfe zwischen russischen Truppen und tief in das feindliche Gebiet eingedrungene Spezialeinheiten der Ukraine oder ukrainische Separatisten handelt, ist momentan noch unklar.

Im Osten der Front versuchen russische Truppen und rekutrierte Einheiten der DPR weiterhin fast schon fanatisch und unter höheren Verlusten, nach Westen vorzudringen. Die russischen Truppen konnten hier jedoch keine Geländegewinne erzielen.

Die Schlinge um das besetzte Lyman herum zieht sich langsam zu, ukrainische Truppen rücken langsam aber sicher immer näher auf den strategisch wichtigen Ort zu. Ukrainische Truppen stehen mittlerweile bereits am südöstlichen Stadtrand Lymans.

Weiter im Norden auf der Ostseite des Oskil weiterhin Kämpfe, aber noch keine weiteren Geländegewinne.

TAG 206 – SAMSTAG, 17. SEPTEMBER 2022

Kupiansk unter Kontrolle +++ CSTO erweist sich als Rohrkrepierer

Nachdem das westliche Kupiansk (nördlich des Oskil-Reservoir, auf der Westseite des Oskil) bereits seit der Kharkiv-Offensive vor einigen Tagen in ukrainischer Hand ist, haben ukrainische Truppen nun auch den Ostteil der Stadt (auf der Ostseite des Oskil gelegen) vollständig unter Kontrolle gebracht und damit den Oskil definitiv überquert. Mit der Befreiung Kupiansk ist nun auch eine strategisch wichtige Eisenbahnlinie unter Kontrolle der Ukraine, was die russischen Truppen von der nördlichen Hauptnachschublinie abschneidet. Da Kupiansk, genauso wie Lyman weiter südlich, für die Russen deshalb von großer Bedeutung sind, werden sie in den nächsten Tagen mit hoher Wahrscheinlichkeit noch alle dort verfügbaren Kräfte mobilisieren, um Kupiansk nach Möglichkeit wieder zurück zu erobern und Lyman weiter halten zu können. Bleibt Kupiansk jedoch in ukrainischer Hand, ist die Befreiung Lymans, dass dann von der nördlichen Nachschublinie abgeschnitten ist, nur noch eine Frage der Zeit.

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Kupiansk
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Südlich des Oskil-Reservoirs, auf der Höhe Lymans, haben ukrainische Truppen die Orte Studenok, Sviatohirsk und Yarova (wenige Kilometer westlich von Lyman) eingenommen. Südlich von Lyman haben ukrainische Truppen ebenfalls bereits den Oskil überquert. Diese beiden Vektoren werden nun genutzt, um sich weiter auf Lyman zuzubewegen.

Zeitgleich sind nun auch gewaltsame Auseinandersetzungen an den Grenzen der durch den Ukrainekrieg geschwächten russischen Einflusssphäre ausgebrochen (Kirgistan / Tadschikistan, Armenien und Aserbaidschan). Armenien, das vergeblich auf Beistand der CSTO hoffte, hat der Welt damit unfreiwillig vor Augen geführt, dass die CSTO, die eigentlich das russische Gegenstück zur westlichen NATO sein sollte, im Grunde nur auf dem Papier existiert. Putin hat der Welt durch den Krieg in der Ukraine offen die Schwäche Russlands vor Augen geführt, was nun vor allem Gebiete an den Grenzen seiner Einflusssphäre nutzen werden, um sich neu zu orientieren – entweder nach Westen oder in Richtung China. Somit gilt Russland selbst in den „Stans“ als untergehendes Schiff, die russische Welt (oder was davon noch übrig war) zerfällt nun immer mehr.

TAG 205 – FREITAG, 16. SEPTEMBER 2022

Kämpfe dauern an +++ Massengrab in Izium gefunden

Bisher keine größere Lageveränderung entlang der Front. Im Norden ist das Ostufer des Oskil immer noch umkämpft, ebenso die Orte Lyman und Bilohorivka. Im Süden vor Kherson leichte Geländegewinne der ukrainischen Truppen.

Die ukrainischen Behörden haben in der befreiten Stadt Izium ein Massengrab mit mehr als 440 Leichen gefunden. Einige der Menschen sind nach ersten Eindrücken durch Granatenbeschuss und Luftangriffe getötet worden, andere starben scheinbar durch Artilleriefeuer. Alle Leichen werden nun gerichtsmedizinisch untersucht.

TAG 204 – DONNERSTAG, 15. SEPTEMBER 2022

Russland begeht weitere Kriegsverbrechen

Die Kämpfe um Lyman und das Ostufer des Oskil dauert fort, ebenso der ukrainische Druck auf Bilohorivka und Soledar, von wo aus man weiter Richtung Lysychansk und Sievierodonetsk vorrücken könnte. Keine größeren bestätigten Geländegewinne auf beiden Seiten.

In der von der Ukraine befreiten Kharkov-Region werden nun Verteidigungslinien gezogen und die Artillerie neu gruppiert, so dass auch russische Munitionsdepots und Kommandoposten im Hinterland der Oblast Luhansk erreichbar sind. Dort haben die Russen das gesamte mobile Internet gekappt, wahrscheinlich aus Angst, dass ukrainische Zivilisten die Koordinaten taktischer Ziele preisgeben.

Das britische Militär gibt bekannt, dass die russische 1st Guards Tank Army, die in Izium stationiert war, bei der Offensive quasi vollständig vernichtet wurde. Die 1st Guards galt als eine der bedeutendsten russischen Elite-Einheiten, die in Friedenszeiten für die Verteidigung Moskaus zuständig und in Kriegszeiten die Speerspitze der russischen Armee sein soll. Große Mengen ihres Materials ist in die Hände der Ukrainer gefallen. Analysten gehen davon aus, dass die russische Armee durch die Kharkiv-Offensive soweit geschwächt wurde, dass eine russischen Gegenoffensive in 2022 eher unwahrscheinlich ist.

Bei Balakliya wurden die Leichen mehrer gefolterter und hingerichtetet Zivlisten ausgegraben, Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen wurden aufgenommen. Der Bevölkerung dort, die von den Russen monatelang völlig vom Rest der Welt isoliert wurde erzählte man die ganze Zeit, Kiev sei gefallen und nach wie vor in russischer Hand.

Nach ihrer Niederlage im Norden beschießen die Russen nun wieder verstärkt zivile Ziele ohne jeden taktischen Nutzen, was ebenfalls klare Kriegsverbrechen sind: Schulen, Kraftwerke, Staudämme. Der Inhulets Damm wurde mit Iskander und Kinzhal Raketen beschossen, was zu einer Überschwemmung von 112 zivilen Gebäuden führte. Fast 5.000 Zivilisten wurden dadurch von der Wasserversorgung abgeschnitten. Dieses Verhalten erinnert ein wenig an 4-järige, die alles in Reichweite zerstören, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen.

Bei Bakhmut versuchen die Russen weiterhin fast täglich bisher erfolglose Vorstösse nach Westen. Nachdem Izium gefallen ist, ist es den Russen nun nicht mehr möglich, einen Kessel um Bakhmut zu bilden. Da die Russen Bakhmut fast schon hypnotisch angreifen, allerdings ohne nennenswerten Geländegewinne, sterben russische Soldaten hier momentan eigentlich völlig umsonst.

In Kherson an der Südfront rücken die Ukrainer weiterhin in drei Brückenköpfen langsam Richtung Kherson Stadt vor, wobei täglich eher kleine Geländegewinne von bis zu 5km gemacht werden. Die Lage der russischen Truppen im Gebiet Kherson gilt weiterhin als desolat, da sie vom Nachschub abgeschnitten sind.

In Russland selbst brodelt es mittlerweile. Obwohl sie Repressionen des Kreml zu befürchten haben, fordern immer mehr russische Kommunalpolitiker die Absetzung von Präsident Wladimir Putin. 18 Abgeordnete aus 17 Bezirken von Moskau und St. Petersburg unterzeichneten eine öffentliche Erklärung, in der sie den Rücktritt des Kreml-Chefs verlangen.

Rheinmetall gibt bekannt, daß 16 Marder-Panzer aus Firmenbestand mittlerweile generalüberholt wurden und bereit sind, an die Ukraine geliefert zu werden, die diese nun auch dringen bräuchte, um die derzeitige Offensive zu halten. Bundeskanzler Scholz hat der Auslieferung jedoch nicht zugestimmt und blockiert damit weiterhin aus nicht nachvollziehbaren Gründen die effektive Verteidigung der Ukraine, während er verzweifelt versucht, sich zu erinnern, in welchem Pfandhaus er seine Eier verpfändet hat.

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Bremser-Olaf

TAG 203 – MITTWOCH, 14. SEPTEMBER 2022

Kampf um Lyman +++ Offensive Richtung Mariupol?

Der Kampf um den wichtigen Verbindungsknotenpunkt Lyman wird fortgesetzt. Die Ukraine greift Lyman von drei Flanken an: aus nordwestlicher, südwestlicher und südöstlicher Richtung. Gleichzeitig rücken ukrainische Truppen weiter östlich nach Bilohorivka vor, um die Befreiung der Städte Lysychansk und Sievierodonetsk vorzubereiten, für deren Einnahme die Russen im Juni viele Wochen und große Verluste geopfert haben.

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Kampf um Lyman
13. – 14. September
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Im Süden bei Vuhledar ziehen die Ukrainer weiterhin Truppen zusammen, was eine (reale oder vorgetäuschte) Offensive nach Süden Richtung Mariupol wahrscheinlich macht. Eine Befreiung Mariupols, das nach langer Verteidigung durch das Azov-Regiment unter größten zivilen Verlusten und durch zahlreiche Kriegsverbrechen von den Russen im April / Mai eingeommen wurde, wäre für Russland eine enorme politische Schmach, würde die gesamte russische Front in zwei seperate Teile spalten und zudem den Beschuss der Kerch-Brücke mit ATACMS Lenkflugkörpern ermöglichen. Die Kerch-Brücke verbindet die Halbinsel Krim mit dem russischen Festland und ist der wichtigste strategische Knotenpunkt der Russen im Süden, da über diese Brücke der gesamte Nachschub für die Südfront in die Ukraine und vor allem auf die durch Russland annektierte Halbinsel Krim kommt.

TAG 202 – DIENSTAG, 13. SEPTEMBER 2022

Ukraine überquert den Oskil +++ Kampf um Lyman

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Ukrainische Truppen setzen den fliehenden russischen Einheiten auf die östliche Seite des Oskil nach. Bei Borova ist den Ukrainern eine Flussüberquerung gelungen, wodurch sie den Ort befreien und dort einen Brückenkopf errichten konnten. Gleichzeitig rücken weitere ukrainische Truppen weiter nördlich bei Kivsharivka und südlich von Borova bei Sviatohirsk ebenfalls nach Osten vor, um die russischen Truppen zu flankieren.

Lyman wird derzeit noch umkämpft und von den ukrainischen Truppen von zwei Seiten angegriffen: von Sviathorsk (westlich von Lyman) aus, sowie von Ozerne aus (südlich von Lyman). Lyman ist ein wichtiges Ziel, da hier mehrere wichtige Verbindungslinien verlaufen.

Das Momentum der Offensive hat sich verlangsamt, was vor allem daran liegt, dass die Truppen sich nun auf die Konsolidierung des befreiten Gebiets konzentrieren und die Kharkiv-Region nun Ort für Ort bis hinauf zur russischen Grenze befreien und sichern. Vereinzelt werden immer wieder russische Truppen entdeckt, denen es nicht mehr gelungen ist, nach Osten oder Norden in russisches Gebiet zu fliehen. Schon in den ersten Tagen der Befreiung konnten in der Kharkiv-Region zahlreiche weitere Kriegsverbrechen der Russen dokumentiert werden, u.a. verscharrte, hingerichtete Zivilisten und „Folterkammern“ (Räume, in denen offensichtlich mittels Folter verhört wurde).

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In Panik geratene russische Soldaten liessen Panzer, Waffen und sogar ihre Kleidung zurück.

Im Süden um Kherson westlich des Dniepr machen die Ukrainer weiterhin kleine Landgewinne, gehen dort jedoch sehr langsam und gezielt vor. Da die russischen Truppen dort (ca. 25.000 Mann) von so gut wie jeglichem Nachschub abgseschnitten sind (alle Brücken über den Dniepr sind unbenutzbar) und quasi in einem Kessel sitzen, ist keine Eile nötig. Die Zeit spielt hier in die Hände der Ukrainer. Die hier eingeschlossenen Truppen verfügen nur über wenig Munition, kaum Verpflegung und sind in keiner Weise für den anstehenden Winter ausgerüstet. Es gibt (unbestätigte) Gerüchte über Kapitulationsverhandlungen zwischen den eingeschlossenen russischen Truppen und dem ukrainischen Generalstab.

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Animation
Vorstoss über den Oskil
11. – 12.September
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TAG 201 – MONTAG, 12. SEPTEMBER 2022

Kharkiv-Region befreit +++ Hohe russische Verluste

Die Russen haben sich im Norden hinter die Grenze auf russisches Gebiet zurückgezogen, im Osten östlich des Oskil-Reservoirs. Weiter südlich wird Lyman immer noch umkämpft. In einem „normalen“ Krieg würden die Ukrainer den Russen nun auf russisches Gebiet nachsetzen, allerdings geben politische Vorgaben der westlichen Allierten der Ukraine vor, keine Gebiete außerhalb der Ukraine anzugreifen oder zu besetzen.

Während die Russen sich nach einem Rückzug östlich des Oskil gruppiert haben, versuchen Teile der ukrainischen Armee, ihnen nachzusetzen, indem sie den Oskil nördlich des Reservoirs bei Kivsharivka überqueren und ihnen nachsetzen. An dieser Stelle führt der Fluss im Moment kaum Wasser und ist leicht zu überqueren. Durch das Übersetzen auf das östliche Ufer möchte man verhindern, daß die Russen das Oskil-Reservoir als natürliche Verteidigungslinie nutzen und sich dort stabil eingraben können.

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Nachdem man erst davon ausging, daß in Izium tausende russische Soldaten eingeschlossen wurden, scheint nun vielen die Flucht nach Osten gelungen zu sein, so dass die Anzahl an Kriegsgefangenen die Ukrainer nicht, wie befürchtet, vor zu große organisatorische Herausforderungen stellt.

Nach visuell bestätigten Angaben des ukrainischen Generalstabs hat die russische Armee auf ihrem panikartigen Rückzug vor den Ukrainern große Verluste erlitten. Gleichzeitig konnten die Ukrainer einen großen Teil des russischen Equipments, darunter APCs, Panzer, Munition, Artillerie und Raketenwerfer, unter ihre Kontrolle bringen:

Russische Verluste durch die Nord-Offensive:
99Infanteriekampffahrzeuge
66 Laster, Jeeps, sonstige Fahrzeuge
65 Panzer
25Gepanzerte Kampffahrzeuge
141Artilleriegeschütze (nicht-gezogen)
113Kommandoposten und Kommunikationseinrichtungen
78Gezogene Artillerie
90Raketenwerfersysteme
184Instandsetzungsfahrzeuge und -maschinen
119UAVs (Drohnen)
67Surface-To-Air (Luftabwehrsysteme)
7Flugabwehrgeschütze
52Flugzeuge
48Helikopter
15Schwere Granatwerfer
13Jammers (elektronische Funkstörungsgeräte)
14Radarsysteme
3Logistikzüge
53Artillerieunterstützungsfahrzeuge

Ca. 41% dieser Gerätschaften konnte in funktionsfähigem Zustand übernommen werden. Der Rest wurde zerstört oder beschädigt. Durch die Offensive konnte nicht nur ein großer Teil des besetzten Gebiets zurückgewonnen, sondern auch ein erheblicher Teil militärischen Materials eingenommen werden. Somit ist der größte Waffenlieferant der Ukraine nach den USA und GB nun endgültig Russland selbst.

Derzeit gibt es Hinweise darauf, dass die Ukraine Truppenteile im Südosten (oberhalb von Mariupol) verstärkt und dieses Gebiet auch von eigenen Minen räumt. Das könnte auf einen geplanten Vorstoß nach Mariupol hindeuten.

TAG 200 – SONNTAG, 11. SEPTEMBER 2022

Kopiansk befreit +++ Izium befreit +++ Russen in Izium eingekesselt

Nachdem die Gegenoffensive der Ukraine im Nordosten immer weiter an Momentum gewonnen hat, gilt das gesamte Gebiet von Staryi Saltiv über Kopiansk bis zu Izium nun als befreit. Die östliche Grenze des befreiten Gebiets verläuft nun entlang des Oskil, der eine ca 50km lange, natürliche Verteidigungslinie gibt. Ob die ukrainischen Kräfte hier ihre Verteidungslinie auf der westlichen Seite aufbauen oder den Oskil überqueren, um auf der östlichen Seite Brückenköpfe zu errichten, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob die Ukraine das Momentum dieser Offensive weiter ausnutzt oder nun langsamer voran geht, um das befreite Gelände und die eigenen Truppen zu konsolidieren, bevor die Rasputiza (Regenzeit) einsetzt, während der nur noch befestigte Straßen nutzbar sind.

Der restliche Frontverlauf im Osten und Süden hat sich im Großen und Ganzen seit dem letzten Update bis auf einige kleine Gefechte nicht verändert. Im Süden um Kherson versucht die Ukraine immer noch, besetztes Gebiet zurück zu erobern, geht hier jedoch, im Gegensatz zur Offensive im Nordosten, deutlich langsamer und mit Bedacht vor. Das kann sie auch, da in Kherson die Zeit auf Seiten der Ukraine ist, denn die russischen Truppen in diesem Gebiet sind augenscheinlich eingekesselt und können bis auf weiteres keinen Nachschub erhalten. Man geht davon aus, das ihnen in den nächsten Tagen, eventuell Wochen Munition, Verpflegung und Treibstoff ausgehen werden. Dann sitzen auch dort mehrere tausend russische Soldaten in einem Kessel. Allerdings steht fest, dass die Russen Kherson auf keinen Fall aufgeben wollen und hier deutlich mehr Anstrengungen zeigen werden, als beim Halten der Front um Izium.

  • In Balakliia sollen große Teile des gesamte 202. Russische Regiment Luhansk kapituliert haben, womit allein dort gleich mehrere tausend russische Soldaten in Kriegsgefangenschaft gerieten.
  • Im Gebiet um die Stadt Izium sollen angeblich zwischen 10.000 und 20.000 russische Soldaten auf der Flucht eingekesselt worden sein.
  • Russische Truppen, denen die Flucht aus dem Gebiet Kopiansk und Izium gelang, ziehen sich nun in Donetsk zusammen.
  • Russische Truppen flohen Hals über Kopf, so dass große Mengen Munition und Fahrzeuge aufgegeben wurden und in die Hände der Ukraine fiel.
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Befreites Gebiet im Nordosten (Kopiansk, Izium) 10. September 2022

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Izium befreit


++ 17:30 MEZ – Vorstoss bis an die russische Grenze ++

Im Norden sind ukrainischen Truppen nun bis an die russische Grenze durchgebrochen. Die ukrainische Grenzstadt Vovchansk wurde befreit, wo sich nur Stunden zuvor kilometerlange Staus Richtung Russland gebildet hatten, weil russische Zivilisten und Kollaborateure panikartig versuchten, das Land zu verlassen.

Nördlich von Kharkiv konnten die ukrainischen Truppen ebenfalls bis an die russische Grenze vordringen und den Ort Kzacha Lopan befreien. Die Kharkiv-Region gilt nun beinahe als vollständig befreit.

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Deutsche Medien berichten weiterhin nur vom Pudel der Queen und verpassen die ganze Show.

TAG 199 – SAMSTAG, 10. SEPTEMBER 2022

Seit längerem gliedert die Front sich in drei Abschnitte, die jeweils ihre eigene Dynamik haben:

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(I) Die nördliche Front von Kharkiv bis hinunter nach Izium
(II) Die östliche Front von Sievierodonetsk und Lysychansk bis hinunter nach Donetsk
(III) Die südliche Front mit dem Grossraum Mykolaiv und Kherson, sowie noch weiter südlich der Krim

In den letzten Wochen fanden die heftigsten Gefechte im Raum vor Sievierodonetsk und Lysychansk (II) statt, wo die Russen so schnell wie möglich die gesamte Oblast einnehmen wollen, um dort ein inszeniertes „Referendum“ abzuhalten, mit dem die gesamte Oblast dann offiziell als russisches Staatsgebiet annektiert werden soll. Da die Ukrainer sich dem nicht nur vehement widersetzen, sondern den Russen auch seit längerem das Personal ausgeht, rücken die russischen Truppen im Osten (II) nur noch wenige Meter pro Tag voran, wenn überhaupt. An allen anderen Fronten konnten sie in den letzten Wochen so gut wie keine Geländegewinne mehr verzeichnen.

Seit einigen Tagen haben die Ukrainischen Kräfte nun mit einer bereits seit langem angekündigten Gegenoffensive begonnen, nachdem es den Russen schon seit Wochen kaum noch gelang, neues Gelände zu gewinnen. Dass man eine Offensive lange vorher groß ankündigt, ist ungewöhnlich, macht aber in diesem Fall Sinn. Angekündigt wurde nämlich eine Gegenoffensive im Süden (III), um den Grossraum Kherson oberhalb des Kakhovka Reservoir von den russischen Truppen zu befreien. Während diese Offensive immer wieder angekündigt wurde, beschoss die Ukraine wiederholt alle Brücken dort über den Dnepr mit präzisen Lenkwaffen, um die oberhalb des Flusses um Kherson stationierten russischen Truppen vom Nachschub abzuschneiden. Die Russen gingen deshalb nicht nur tatsächlich davon aus, daß die Ukraine eine große Offensive im Süden vorbereite, sondern zogen auch noch Truppen von der östlichen und nördlichen Front nach Kherson ab, um dieses Gebiet im Süden zu verstärken.

Aus russischer Sicht war dies ein doppelter Fehler. Durch die Zerstörung aller Brücken über den Dnepr (III) gelten die russischen Truppen im Grossraum Kherson oberhalb des Fluss mittlerweile als eingeschlossen, es ist so gut keine Nachführung von Munition und Treibstoff mehr möglich. Mehrere Bataillone mit tausenden russischen Soldaten sitzen hier nun quasi in der Falle. Die Truppen dort nun auch noch weiter zu verstärken und dadurch die Front im Osten gleichzeitig zu schwächen, die seit Wochen eh kaum noch Fortschritte machte, ist von den Russen sehr unklug.

Seit Anfang September nun rücken die Ukrainer Stück für Stück in drei Keilen an der südlichen Front in russisch besetztes Gebiet Richtung Kherson (III) vor.

Der Clou ist aber: diese groß angelegte und seit Wochen und Monaten angekündigte Süd-Offensive ist im Grunde nur eine Ablenkung und sollte dazu dienen, dass die Russen ihre Front im Norden (I) und Osten (II) ausdünnen, indem sie Truppen von dort in den Süden nach Kherson ziehen. Dies gelang auch tatsächlich!

Da nun vor allem die Front im Norden von Kupiansk bis Izium (I) stark ausgedünnt ist, konnten die Ukrainer diese Chance nutzen und innerhalb weniger Tage in zwei Keilen bis nach Kupiansk und Izium vorstossen. Nennenswerte Gegenwehr von russischer Seite gab es dort nur noch vereinzelt, da die Ukraine seit Wochen hinweg gezielt russische Munitionsdepots im Hinterland beschiesst, so das es für die Russen immer schwieriger wurde, Nachschub an die Front zu führen.

Sowohl Kupiansk, als auch Izium (I) gelten als strategisch wichtige Orte, da durch sie wichtige Verkehrsknotenpunkte verlaufen. Um beide Städte wird derzeit (Stand heute) noch gekämpft, Kupiansk aber gilt bereits als von den Ukrainern einkesselt und quasi als eingenommen.

Laut ukrainischem Verteidigungsministerium wurden so in wenigen Tagen mehrere hundert Quadratkilometer besetztes Gebiet befreit und bedeutende Anteile russische Truppen eingekesselt oder gefangen genommen (mehre hundert bis gar tausend Mann). Die ukrainischen Truppen wurden von der (grösstenteils russischsprachigen) Bevölkerung in den seit Februar besetzten Gebieten begeistert und mit Freudentränen empfangen.

Auch im Süden Richtung Kherson rücken die Ukrainer derzeit vor, allerdings deutlich langsamer, als im Nordosten. Da aber durch den Einsatz von HARMs (Highspeed Anti Radar Missiles) in den letzten Wochen hier gezielt die russische Flugabwehr ausgeschaltet wurde, kann die ukrainische Luftwaffe im Gebiet Kherson bis tief ins Hinterland vordringen, um die ukrainischen Truppen zu unterstützen und russische Stellungen zu bombardieren. Das ukrainische Oberkommando spricht von täglich über fünfzig Lufteinsätzen allein in diesem Gebiet.

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Animation
Der ukrainische Vorstoss zwischen Kupiansk und Izium im Zeitraum vom 05. bis 10. September
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1 Kommentar

  1. Danke man für deine Arbeit!

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