Auf dem Schlachtfeld in der Ukraine kommen Drohnen zum Einsatz, die jedermann online oder im Elektronikhandel kaufen kann. Videos zeigen Soldaten, die diese Drohnen verwenden, um russische Truppen zu überwachen. Andere Drohnen wurden umgerüstet, um Granaten zu tragen, die direkt auf den Feind abgeworfen werden können.
„Kommerzielle Drohnen sind um ein Vielfaches billiger.“
Auf dem Schlachtfeld in der Ukraine kommen einfache Fotodrohnen zum Einsatz. Videos zeigen Soldaten, die diese Drohnen – die jedermann only für den Hobbygebrauch kaufen kann – verwenden, um russische Truppen und deren Aktivitäten zu überwachen. Andere Drohnen wurden umgerüstet, um Granaten zu tragen, die direkt auf den Feind abgeworfen werden können. Diese handelsüblichen unbemannten Luftfahrzeuge stellen nur eine der erfinderischen „Selbstbau“-Methoden dar, die die ukrainische Armee verwendet hat, um russischen Angriffen entgegenzuwirken.
Seit der russischen Invasion am 24. Februar 2022 werden ukrainische Bürger aufgefordert, sich dem russischen Angriffskrieg entgegenzustellen, indem sie sich entweder den kämpfenden Truppen anschließen, ihre Häuser mit Molotow-Cocktails und anderen hausgemachten Waffen verteidigen, oder sogar ihre eigenen Drohnen spenden, um bei der Überwachung russischer Truppen zu helfen. Kommerzielle Drohnen sind seitdem ein nützliches Werkzeug für die ukrainischen Truppen und in unzähligen Bildern und Videos ist mittlerweile zu sehen, wie effizient und tödlich diese kleinen, leichten und frei verfügbaren Flieger auf dem Schlachtfeld sein können.
Kommerzielle Drohnen sind dabei um ein Vielfaches billiger, als militärische Drohnen. Man kann viele davon kaufen und sie als Wegwerfartikel betrachten, die man nur ein- oder zweimal verwendet, bis sie ihren Einsatzzweck erfüllt haben. Diese kleinen Fluggeräte sind also sehr attraktiv für Einheiten und kämpfende Truppen, die über kein großes finanzielles Budget verfügen. Kommerzielle Drohnen sind auch viel einfacher zu bekommen – man kann sie einfach online bestellen. Truppen, die keinen Zugang zu Militärdrohnen haben, verwenden sie genauso, wie aufständische Gruppen in Konfliktgebieten. ISIS benutzte kommerzielle Drohnen, weil sie sich diese beschaffen konnten. Diese Leute sind oft schlau und einfallsreich, wenn es darum geht, kommerzielle Drohnen in nützliche Waffen zu verwandeln.
Drohnen sind die Augen im Himmel
In den Tagen nach der Invasion meldeten sich tausende Ukrainer zum Militär, um für ihr Land zu kämpfen. Dies führte dazu, dass ganze Züge aus freiwilligen Kämpfern mit relativ geringer militärischer Ausbildung gebildet wurden. Nicht wenige dieser Freiwilligen haben jedoch einen technischen oder IT-Hintergrund – und alle sind leidenschaftlich und mit dem Einsatz ihres eigenen Lebens dabei, wenn es darum geht, russische Angriffe auf die Ukraine abzuwehren.
So ruft seit Februar das ukrainische Verteidigungsministerium auf seinen Social-Media- Seiten dazu auf, Drohnen zu spenden. Ukrainer, sowie Menschen aus allen Ländern der Welt schickten ihre Drohnen, um die Kriegsanstrengungen zu unterstützen und ihren persönlichen Beitrag dazu zu leisten. Einige Gruppen, wie Vests for Ukraine, eine Freiwilligenarbeit in Estland, sammelten Geld, um Drohnen zu kaufen, die die Ukrainer im Kampf benutzen können. Raivo Olev, ein Metallarbeiter in Estland, gründete Vests for Ukraine, als er feststellte, dass es der ukrainischen Armee an kugelsicheren Westen mangelte. Er begann Geld zu sammeln und verzweigte sich bald darauf, kommerzielle Drohnen zu versenden, als ihm klar wurde, wie wichtig sie für die ukrainischen Kriegsanstrengungen waren.
„Es gibt ein Freiwilligenbataillon, das seit 2014 ohne große Unterstützung der Regierung kämpft. Wenn Sie sich dieses Bataillon heute ansehen, haben sie alle unsere Westen, unsere Helme, die Autos und die Maschinen, die wir ihnen gegeben haben. Sie schicken uns Fotos und Videos. Drohnen sind eines der Dinge, um die sie uns gebeten haben“, meint er.
So gut wie jedem ist klar, wie wichtig Drohnen sind – wer die meisten Drohnen hat, hat die meisten Augen im Himmel. Vests for Ukraine versendet kommerzielle Drohnen, die jeder kaufen kann. Die kleinsten kommen nur aus den Geschäften und die größeren werden für industrielle Zwecke verwendet. Diese Drohnen können bis zu 6 kg heben, 5 bis 7 km weit fliegen, die Mörsergranate abwerfen, um dann zurück zu kommen. Industriedrohnen können leicht umgebaut werden, um amerikanische M430A1-40mm-Granaten oder 82-mm-Mörsergranaten mit einem Gewicht von etwa 3 kg abzuwerfen. Schlägt diese Granate mit ihrem Aufschlagszünder auf dem Boden auf, explodiert sie und gibt 400-600 scharfkantige Metallfragmente frei, die in einem Umkreis von bis zu 60 Metern eine verheerende Wirkung entfalten. Manchmal töten diese Granaten Soldaten, in den meisten Fällen aber werden diese ernsthaft verletzt und dadurch kampfunfähig. Werden die Opfer solcher Granatenangriffe nicht umgehend versorgt, verbluten sie meist in kurzer Zeit.
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Eine Armee aus 6.000 Drohnen
Eine RGD-5 Handgranate, die von einer modifizierten Drohne abgeworfen wird, kann bereits Schaden an Panzern oder Schützenpanzern anrichten, deren verwundbarste und am wenigsten gepanzerte Stelle sich meist an ihrer Oberseite befindet. Abgeworfene Sprengstoffe können auf dem Fahrzeug sitzende Truppen leicht verletzen und die Ziel- und Feuermechanismen eines Panzers außer Gefecht setzen. Granaten, die direkt auf feindliche Stellungen, auf ungepanzerte Fahrzeuge oder direkt in Schützengräben abgeworfen werden, können noch verheerender sein. Um die Munition für diesen Einsatz zu modifizieren kommen hier handelsübliche 3D-Drucker zum Einsatz, mit denen Halterungen für den Aufschlagzünder oder Finnen gedruckt werden, die dafür sorgen, dass die Granate möglichst stabil und gerade fliegt, sobald sie fallen gelassen wird.
Die Spendenwelle ukrainischer Zivilisten sowie ausländischer Organisationen hat eine wahre „Drohnenarmee“ geschaffen. Das ukrainische Militär hat mittlerweile mehr als schätzungsweise 6.000 kommerzielle Drohnen im Einsatz und übertrifft damit bei weitem die Zahl der Kampfdrohnen, die von Ländern wie den Vereinigten Staaten und der Türkei bereitgestellt werden. Sowohl ausgebildete Soldaten als auch Freiwillige sind mit den ihnen zur Verfügung stehenden Werkzeugen kreativ geworden, um diese Drohnen immer weiter für zu optimieren.
So nutzt man mittlerweile sogar selbstgebaute Kamikaze-Drohnen, in oder an denen kleine Sprengstoffe angebracht werden. Diese Drohnen werden direkt in oder knapp über das Ziel gelenkt. Der befestigte Sprengstoff kann dabei über Funk oder durch den Aufschlag gezündet werden. Mit einigen Modifikationen ist es sogar möglich, diesen durch einen versteckten Zündern detonieren zu lassen, der erst dann aktiviert wird, wenn man beispielsweise den Akku herauszieht. In solchen Fällen täuscht man eine Notlandung vor und lässt die Drohne im feindlichen Lager landen. Sobald russische Soldaten die Drohne dann näher untersuchen oder den Akku entfernen, detoniert der Sprengsatz.
Die eigentliche Paradedisziplin kommerzieller Drohnen aber ist die Videoaufklärung. Kommerzielle Drohnen verfügen über hochentwickelte und hochauflösende Videosysteme, die nützlich sein können, um zu sehen, wo sich feindliche Streitkräfte befinden, und möglicherweise bei Artillerieangriffen zu helfen. Die Ukrainer haben wirklich sehr erfinderische Wege gefunden, diese kommerziellen Drohnen einzusetzen. Ein von der Facebook-Seite der ukrainischen Streitkräfte geteiltes Video zeigte Drohnenaufnahmen, die es ihrer Artillerie ermöglichten, zu warten, bis sich zwei Dutzend russische Truppen in einem verlassenen Gebäude versammelt hatten, bevor sie eine Salve auf den Standort abfeuerten. Keiner der russischen Soldaten überlebte diesen Angriff.
Abgesehen von ihrer Verwendung auf dem Schlachtfeld dienen diese Drohen vor allem dazu, die ukrainische Moral zu stärken und gleichzeitig den russischen Truppen höllische Angst einzuflößen – denn ab einer gewissen Höhe sind sie kaum noch zu hören, aufgrund ihrer geringen Größe kaum zu orten und, zumindest nachts, kaum zu sehen. So schwebt der Tod als ständiger Begleiter über den Köpfen russischer Soldaten.
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